DFB-Team freut sich über Jubelstimmung nach dem dritten Sieg in Folge - nur Trainer Löw warnt

Berlin/Hamburg. Die Stimmung nach dem 3:0-Sieg gegen die Türkei hätte im DFB-Lager nicht besser sein können. Beim Training auf dem Kunstrasenplatz der Hans-Rosenthal-Sportanlage in Berlin wurde am Sonntag gescherzt, gelacht und mit der Herbstsonne um die Wette gestrahlt, Trainer Joachim Löw sprach von einer "absoluten Topleistung", und sogar die türkischen Sportzeitungen gratulierten Deutschland zum verdienten Sieg.

Tatsächlich gibt es derzeit mehr als genug Gründe, sich über das andauernde Fußballhoch hierzulande zu freuen. Bereits bei der Weltmeisterschaft in Südafrika hat das Löw-Team beste Werbung in eigener Sache gemacht, die ganze Welt mit Tempo- und Trickfußball begeistert und sich einen Sympathiebonus erarbeitet, der noch längst nicht aufgebraucht ist. Löws Spaßfußball ist sogar statistisch belegbar: So brauchten seine Spieler 2005 noch 2,8 Sekunden, um den Ball anzunehmen, ihn zu verarbeiten und weiterzuspielen, 2008 waren es 1,7 Sekunden und bei der WM in diesem Jahr nur noch 1,1 Sekunden. Und obwohl die Mannschaft immer erfahrener wird, wird sie gleichzeitig immer jünger. So war das Team vor zwei Jahren bei der EM 2008 im Schnitt 28,5 Jahre alt, bei der WM in Südafrika lag der Altersschnitt bei nur 24,9 Jahren.

Und anders als in der Vergangenheit üblich hat das Löw-Team auch nach der WM nicht nachgelassen. Deutschland führt souverän mit neun Punkten aus drei Spielen die Gruppe A der EM-Qualifikation an, hat gerade erst dem vermeintlich schwersten Gruppengegner seine Grenzen aufgezeigt und dabei noch jede Menge unbenutztes Potenzial in der Hinterhand.

Holtby, Schürrle, Hummels, Götze und Großkreutz stehen auf dem Sprung

Gegen die Türkei musste Löw auf die verletzten Stammspieler Bastian Schweinsteiger, Marcell Jansen und Arne Friedrich verzichten, vom dauerverletzten Michael Ballack ganz zu schweigen. Doch viel mehr als der Kapitän a. D. machen die zahlreichen Talente, die sich derzeit in der Bundesliga tummeln, Hoffnung auf eine Fortsetzung des löwschen Powerfußballs. Die Mainzer Lewis Holtby und Andre Schürrle dürfen sich genauso auf eine baldige Einladung zur Nationalmannschaft freuen wie die Dortmunder Mario Götze, Mats Hummels und Kevin Großkreutz. Allesamt jung, ehrgeizig und unheimlich talentiert - genauso wie Löw es mag.

Bevor das DFB-Team aber von der wachsenden Euphoriewelle zu überschwemmt werden droht, bremst nun ausgerechnet Löw die allgemeine Jubel-Trubel-Heiterkeitsstimmung. "Meine Ansprüche und meine Messlatte sind sehr, sehr hoch. Ob unsere Talente den Ansprüchen genügen und bei der Nationalmannschaft eine tragende Rolle spielen werden, ist erst in einigen Monaten, vielleicht auch Jahren zu beantworten", sagte der Nationaltrainer, der daran erinnerte, dass eine Welt- oder Europameisterschaft nicht mit der Bundesliga zu vergleichen sei. Es werde sich noch zeigen, "ob sie bei einer WM gegen Spanien, Argentinien, England oder Italien Akzente setzen können".

Löws Warnungen verhallen allerdings ausgerechnet im eigenen Lager ungehört. Denn während ein Großteil seiner Spieler in der Bundesliga mehr schlecht als recht in Form zu sein scheint, knüpften nahezu alle Fußballer in der EM-Qualifikation an die Leistungen der WM an. Wer oder was soll dieses Team noch stoppen, wurde gestern von der "Welt am Sonntag" gefragt. Die Antwort steht allerdings noch aus.