Nach dem 2:0-Sieg gegen Rumänien hoffen Trainer Laurent Blanc und Frankreich auf das Ende der Depression

Berlin. Laurent Blanc ist ein Mann mit ausgeprägtem Sinn für Realismus. Der 44-Jährige spricht für gewöhnlich mit sonorer Stimme, wählt seine Sätze mit Bedacht, sodass sich nur selten hoch emotionale Worte darin wiederfinden. Und so ordnete Frankreichs Nationaltrainer auch die Geschehnisse am Sonnabend nüchtern ein. "Es entsteht etwas", lautete Blancs sachlicher Kommentar zum 2:0 der Seinen über Rumänien in der EM-Qualifikation. Er nannte den Sieg noch einen Erfolg der Moral, weil die beiden Tore durch die eingewechselten Loic Remy (83. Minute) und Yoann Gourcuff (90.) reichlich spät gefallen waren.

Es war der erste Heimsieg der Franzosen seit einem Jahr, natürlich nahm Blanc den frenetischen Jubel der Anhänger auf den Rängen wahr, immerhin führt Frankreich mit sechs Punkten nun die Tabelle der Gruppe D an, doch in überschwänglicher Euphorie übten sich weder er noch seine Protagonisten. Die Balance der französischen Mannschaft, referierte etwa Kapitän Alou Diarra, "bleibt fragil", auch wenn laut Offensivkraft Florent Malouda "das Selbstvertrauen nun wieder da ist".

Frankreich ist immer noch gezeichnet von den Geschehnissen der WM im Sommer in Südafrika, dem desaströsen Vorrundenaus und den Vorfällen abseits der Spiele, als die Profis eine Übungseinheit boykottierten und ihren Vorgesetzten übel beleidigten.

Jene Dinge hatten in Frankreich grundsätzliche Gesellschaftsdebatten über Jugendkultur, Integration und Vorbildfunktion ausgelöst. Die Beliebtheitswerte der Nationalmannschaft in der Bevölkerung waren so miserabel wie sonst nur jene von Politikern, die der Korruption überführt wurden. Und so geriet die Causa Nationalmannschaft zur Staatsaffäre, Präsident Nicolas Sarkozy bat zum Krisengipfel, der Fußballverband sanktionierte die vermeintlichen Rädelsführer - darunter auch Bayerns Franck Ribéry - mit Auswahlsperren, das Ende von Trainer Raymond Domenech war ohnehin schon vor dem WM-Turnier beschlossen worden. All das ist das Erbe, das Welt- und Europameister Blanc nun mittragen muss.

"Wir wollen das Stade de France zurückerobern", hatte er im Vorfeld der Partie gegen Rumänien getönt. Das Spiel sollte so etwas wie die erste Versöhnung mit den heimischen Fans werden, eine Versöhnung mit Verspätung. Schon zum Auftakt der EM-Qualifikation gegen Weißrussland war die "Equipe tricolore" mit diesem Vorsatz im Pariser Vorort St. Denis angetreten. Sie agierte überlegen, am Ende aber reichte Weißrussland ein guter Spielzug, um Frankreich zu bezwingen.

Gegen Rumänien unkten schon einige zur Pause - es stand 0:0, die Fans pfiffen - es werde einen ähnlichen Spielverlauf wie gegen Weißrussland geben. Die Franzosen beherrschten die Partie. Sie mühten sich, trugen einen Angriff nach dem nächsten vor - jedoch ohne zählbaren Erfolg. Rumänien spielte nach der Halbzeit gar munter mit. Es entwickelte sich eine äußerst ansehnliche Partie mit dem exzellenten Gästetorhüter Costel Pantilimon in der Hauptrolle. Und hätte Rumäniens Cristian Sapunaru in der 71. Minute ein wenig mehr Glück gehabt - er traf nur den Pfosten -, "wer weiß, was dann los gewesen wäre" (Blanc).

Dass die Franzosen das Spiel im Schlussakkord für sich entschieden, sah Blanc in einem Plus an geistiger und körperlicher Frische begründet. Er habe den Seinen gesagt, "dass es nicht verboten ist, in den letzten zehn Minuten zu gewinnen". Und dass nun ausgerechnet zwei Einwechselspieler getroffen hatten, zeige, "dass unsere Gruppe nicht nur aus elf, sondern aus 23 Spielern besteht".

Überhaupt war es auffällig, wie sie unisono darum bemüht waren, den neuen Geist der Mannschaft zu preisen. "Diese Art von Esprit gefällt mir", sagte Blanc. Die schwierigste Entscheidung sei gewesen, im Vorfeld auszuwählen, wen er auf die Tribüne beordern müsse, "weil alle im Training so hervorragend mitgezogen haben". Das, was Frankreich am Sonnabend abgeliefert habe, "war erst der Anfang", sagte Malouda. Es klang nicht drohend wie früher, sondern optimistisch realistisch.