Trainer Thomas Tuchel feiert mit Mainz 05 beim 4:2 gegen Hoffenheim den Bundesliga-Startrekord

Mainz/Hamburg. Dieses Mal gab es kein Entrinnen. Nachdem die Mainzer 4:2 gegen Hoffenheim gewonnen hatte und somit den Startrekord mit sieben Siegen eingestellt hatte - zuvor war dieses Kunststück nur Bayern München und Kaiserslautern gelungen -, forderten die Fans lautstark ihren Trainer. Thomas Tuchel, der ansonsten einen eher zurückhaltenden Stil pflegt, kletterte brav auf den Zaun und übte sich mit einem Megafon als Einpeitscher. "Gebt mir ein 'Spitzenreiter'!", brüllte er in die Menge - und tausendfach schallte es zurück.

"Ich habe während des gesamten Spiels nicht an den Rekord gedacht und tue das auch nicht danach nicht", sagte Tuchel später. "Die sieben Siege sind aber kein Lauf und kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit. Deshalb haben wir auch keine Angst vor einem Einbruch. So denken wir gar nicht." Ausgerechnet gegen den HSV könnte sich das Team des mit 37 Jahren jüngsten Bundesligatrainers nach der Länderspielpause zum alleinigen Rekordhalter aufschwingen.

Im Fokus des Interesses nach dem spektakulären Sieg über Hoffenheim stand zwar Lewis Holtby, der an allen vier Toren der Rheinhessen beteiligt war und vom auf der Tribüne sitzenden Bundestrainer Joachim Löw ein Extralob verdiente: "Wie er das erste Tor vorbereitet hat, das ist absolut klasse und war das Eintrittsgeld alleine wert." Beim Freundschaftsspiel in Göteborg gegen Schweden (17. November) wird der 20-jährige Leih-Schalker wie auch André Schürrle sein Debüt im Trikot der A-Nationalmannschaft feiern, das hat Löw bereits angekündigt.

Aber auch Tuchel darf Holtbys Nominierung als besondere Anerkennung seiner Arbeit werten. Die "Mainzer Boygroup" ist sein Werk, die steile Aufschwung in der Ausprägung zwar nicht erwartbar, aber auch kein Wunder. Als der in Krumbach geborene Schwabe 2006 gemeinsam mit Bruno Labbadia in Köln seine Ausbildung zum Fußballlehrer absolvierte, stand am Ende die Durchschnittsnote 1,4 im Zeugnis - Jahrgangsbester. Dass Tuchel 2009 mit den A-Junioren die Deutsche Meisterschaft nach Mainz holte, verwunderte ebenfalls nur auf den ersten Blick, schließlich hatte er seit 2000 beim VfB Stuttgart und dem FC Augsburg in diversen Juniorenmannschaften Erfahrungen gesammelt.

Als "Mastermind" des Erfolgs wird Tuchel gefeiert, der aber sensibel unterscheidet zwischen seinem Privatleben und dem grellen Schein der "Parallelwelt Fußball", wie er einmal das Profigeschäft nannte. Wert auf Äußerlichkeiten wie teure Kleidung oder Autos legt der frühere Abwehrspieler (Stuttgarter Kickers, Ulm) nicht. Nach dem Ende seiner Fußballerkarriere finanzierte sich Tuchel sein Betriebswirtschaftsstudium in Stuttgart als Barkeeper.

"Er wird auch noch andere Seiten des Trainergeschäfts erleben", sagte gut 500 Kilometer nördlich Armin Veh, als er zu Tuchel befragt wurde. Kein Widerspruch. Aber dass Tuchel jemals die Bodenhaftung verlieren wird, kann so gut wie ausgeschlossen werden.