In der Champions League trifft Bremen auf Tottenham Hotspur und Rafael van der Vaart

Berlin. Eine halbe Stunde erst war die historische Unternehmung alt, schon drohte das Ende. Oder, anders gesagt: Tottenham Hotspur brauchte nicht einmal 30 Minuten, um ganz Europa sein fragiles Gesicht zu zeigen. In der Champions-League-Qualifikation lagen die Nordlondoner beim krassen Außenseiter Young Boys Bern 0:3 zurück, und wer sich bei so einem Spielverlauf spontan an Werder Bremen erinnert fühlt, der liegt damit alles andere als falsch. Heute Abend treffen die Hanseaten zum Auftakt in der Champions League auf die wohl einzige Mannschaft dieses Kontinents, die noch unberechenbarer ist (20.45 Uhr/ Sky).

Die "Spurs" haben es also doch noch geschafft, sie verkürzten auswärts auf 2:3 und gewannen das Rückspiel an der White Hart Lane 4:0. Locker, ließe sich vermuten, doch auf den Rängen kauten sie noch an ihren Nägeln, als es schon 3:0 stand. Zu viel haben sie von ihrer Truppe schon erlebt in den vergangenen Jahren. Erstmals seit 48 Jahren betreten sie die Bühne von Europas wichtigstem Klubwettbewerb, und sie wären nicht die "Spurs", würden sie sich der neuen Herausforderung in allzu großer Demut nähern. Als erstes englisches Team gewann Tottenham 1963 einen Europapokal, den Cup der Pokalsieger, und bis in die Neunziger durften immer mal wieder Titel gefeiert werden. Dann begann die Zeit der Finsternis. Den Ruf als Glamourtruppe ersetzte zunehmend ein Verliererimage; als 1996 beim Nachbarn Arsenal der Franzose Arsene Wenger anheuerte, ging auch noch das Copyright für das schöne Spiel verloren.

Seither hat Tottenham mehr als doppelt so viel Geld für neue Spieler ausgegeben wie Arsenal und dabei ein erstaunliches Talent entwickelt, aus guten Voraussetzungen rein gar nichts zu machen - bis im Herbst 2008 Trainerroutinier Harry Redknapp übernahm.

"Harry hat die richtigen Spieler gekauft, und er besitzt einen Sinn für die offensive Spieltradition von Tottenham Hotspur", lobte jüngst Cliff Jones, umschwärmter Linksaußen bei den Erfolgen der 60er-Jahre. Redknapp, der zuvor nur kleinere Vereine trainiert hatte und wegen krummer Machenschaften bei Transfergeschäften angeklagt war, hat sich großes Ansehen erworben für seine Reanimierung der Fatalisten.

Wie abgeklärt der 63-Jährige für vergleichbar schlappe zehn Millionen Euro Rafael van der Vaart einkaufte, gilt als sein jüngstes Meisterstück. Der ehemalige HSV-Profi zeigte gegen West Bromwich (1:1) ein gutes Debüt und dürfte auch in Bremen auflaufen.

England wird dann mit Tottenham fiebern, die "Spurs" genießen wieder so viele Sympathien wie zu besten Zeiten. Trotz des mäßigen Saisonstarts mit fünf Punkten aus vier Spielen will Trainer Redknapp mit diesem Kader sogar "ernsthaft um den Meistertitel mitspielen". Wenn es am Ende der Abstiegskampf wird, würde es freilich auch niemanden wundern.

Bremen: Wiese - Fritz, Prödl, Pasanen, Silvestre - Bargfrede, Frings - Marin, Wesley , Hunt - Arnautovic.

Tottenham: Cudicini - Corluka, Kaboul, Gallas, Bale - Huddlestone, Palacios - Lennon, van der Vaart, Modric