Der Schalker Trainer plant Neuverpflichtungen. Der neue Superstar Raúl enttäuscht bei seinem Bundesliga-Debüt in Hamburg auf der ganzen Linie

Gelsenkirchen. Die Muße, den Aufenthalt an seiner alten Wirkungsstätte zu genießen, hatte Felix Magath nicht. Der Zustand, den seine Mannschaft beim verpatzten Saisonauftakt in Hamburg offenbart hatte, weckte beim Schalker Trainer nicht gerade Lust, den Abend mit alten Weggefährten vom HSV ausklingen zu lassen. Dazu ist die aktuelle Lage auf Schalke zu ernst.

"Wir haben wieder gesehen, dass noch etwas passieren muss", sagte Magath nach der 1:2-Niederlage und wiederholte, was er bereits seit Monaten gebetsmühlenhaft predigt. "Wir können auf diesem Niveau noch nicht mithalten. Da muss etwas passieren, und da wird noch einiges passieren. Ich gehe davon aus, dass noch neue Spieler kommen werden", hielt der 57-Jährige erneut ein Plädoyer für Verstärkungen "vor allem für den Offensivbereich."

Magath hat derzeit viele Baustellen zu bearbeiten. Neben der Harmlosigkeit der Angriffsbemühungen fehlte dem Mittelfeldspiel fast jegliche Kreativität. Hinzu kamen eklatante Abstimmungsschwierigkeiten in der Defensive, die den Gesamteindruck vermittelten, dass sich der Vizemeister möglicherweise schon sehr früh ohne weitere Einkäufe von dem Kreis der Spitzenteams verabschieden könnte.

Die Schalker hatten es zu keinem Zeitpunkt des Spiels geschafft, die Hamburger mit Aktionen aus dem Spiel heraus in Bedrängnis zu bringen. Der Angriff mit Raúl, der bei seinem Bundesliga-Debüt wie ein Fremdkörper gewirkt hatte, sowie dem Brasilianer Edu strahlte kaum Gefahr aus. "Es war Raúls erstes Bundesligaspiel, und weil wir taktisch zunächst nicht so offensiv ausgerichtet waren, konnte er gar nicht so oft in Szene gesetzt werden", sagte Magath über den 33-jährigen Spanier, dem er wegen des ideenlosen Aufbauspiels noch mildernde Umstände zubilligte.

Um die Qualitäten des Rekordschützen der Champions League nutzen zu können, wird dringend ein Passgeber für das Mittelfeld sowie ein Sturmpartner für Raúl benötigt. Bis zur Schließung der Transferliste am Dienstag in einer Woche hat Magath Zeit, die Gespräche mit den Kandidaten zu finalisieren. Unverändert soll nach Meldungen englischer und italienischer Zeitungen Schalker Interesse am Brasilianer Robinho von Manchester City sowie Jan Huntelaar vom AC Mailand bestehen. Ein Kandidat ist auch Raúls Ex-Teamkollege Julio Baptista, 28. Der Brasilianer, der vor zwei Jahren von Real Madrid zum AS Rom wechselte, könnte für fünf Millionen Euro das offensive Mittelfeld des Vizemeisters verstärken. Sein Vorteil: In 75 Spielen für Spaniens Rekordmeister (33 Tore) zwischen 2005 und 2008 stand er häufig an Raúls Seite. Magath ist von Julio Baptistas Fähigkeiten überzeugt: "Ein sehr guter Mann."

Zvjezdan Misimovic, Spielmacher in Diensten des Liga-Konkurrenten VfL Wolfsburg, erhält dagegen offenbar keine Freigabe. Magath könne "baggern, so viel er will", erklärte VfL-Manager Dieter Hoeneß, der höchstens dann bereit sein dürfte, den Bosnier doch noch ziehen zu lassen, wenn er Aussicht auf einen adäquaten Ersatz hätte.

Doch selbst wenn Magath beim Transferpoker Erfolg haben sollte, wären damit längst nicht alle Probleme gelöst. In den kommenden Tagen muss er sich auch mit den eigenen Fans auseinandersetzen, die wegen der Absetzung des langjährigen Fan-Beauftragen Rolf Rojek verstimmt sind. "Es sind nicht die Fans, es ist eine Gruppe von Fans", versuchte Magath die Kontroverse herunterzuspielen.

Das sehen zumindest Teile der Schalker Anhänger anders. In Hamburg hatten mehrere Hundert Fans weiße T-Shirts mit der Aufschrift "die kleine Gruppe" angezogen. Eine ironische Verniedlichung der eigenen Bedeutung - schließlich vertritt der Schalker Fanclub-Verband, dem Rojek immer noch vorsteht, über 80 000 Mitglieder.