Mit dem Noch-Kapitän der Nationalmannschaft bezwang Bayer Leverkusen Borussia Dortmund verdient mit 2:0

Dortmund. Der Mann, der jahrelang das Gesicht des deutschen Fußballs geben durfte, wollte ein Zeichen setzen. Seit Michael Ballack wegen einer Verletzung die Weltmeisterschaft verpasst hatte, musste er untätig mit ansehen, wie seine Position im Koordinatensystem der deutschen Kickkunst mächtig ins Rutschen gekommen ist. Weil der Bedarf an seiner weiteren Tätigkeit bei Chelsea London nicht mehr übermäßig hoch war, wechselte Ballack zurück in die Bundesliga zu Bayer Leverkusen. In der Nationalmannschaft meldeten plötzlich jüngere Stars Führungsansprüche nach einer guten WM an. Und privat musste Ballack hinnehmen, dass die Boulevardblätter Zweifel über seine ehelichen Treue streuten.

Weil es also galt, keine Zeit im Kampf um den eigenen Stellenwert zu verlieren, meldete sich Ballack zum Auftaktspiel seiner neuen Mannschaft Leverkusen bei Borussia Dortmund gestern am späten Nachmittag spielfähig, um auf dem Rasen den Beweis anzutreten, dass er noch kein Denkmal sein will, schon gar nicht ein zu demontierendes, sondern dass er immer noch eine Leitfigur abzugeben vermag - auf dem Rasen zumindest, wo das Private in den Hintergrund rückt. Hatte Ballack im Play-off-Spiel zur Europa League am vergangenen Donnerstag gegen Tawrija Simferopol aus der Ukraine beim 3:0 der Leverkusener schon eine Halbzeit lang erstmals in einem Pflichtspiel seine Form testen können, so half er gestern beim 2:0-Auswärtssieg seiner Mannschaft in Dortmund mit, auch den Ligaauftakt komfortabel zu bestreiten. "Ich war froh, dass ich durchspielen konnte. Bei 100 Prozent bin ich noch nicht", sagte Ballack nach dem Abpfiff.

Obwohl selbst ein Ballack nach der langen Pause noch keine Wunderdinge zu leisten imstande ist, baute Trainer Jupp Heynckes darauf, dass er zusammen mit dem zweiten Routinier, Sami Hyypiä, der Mannschaft Stabilität zum Auftakt verschaffen konnte.

Dass Leverkusen für den Wirbel durchaus weitere agile Profis im Kader hat, bewies die Mannschaft gestern flott nach Spielbeginn. Und das lag nicht einmal am Nationalstürmer Stefan Kießling, der bei Bundestrainer Joachim Löw zwar nicht die besten Karten hat, aber in der Liga so sehr geschätzt wird, dass sogar Felix Magath sein Interesse an dem Angreifer angemeldet hat. Zwar hatte die Borussia durch den Japaner Shinji Kagawa nach zehn Minuten ihre erste große Möglichkeit, die Nationaltorhüter Rene Adler souverän vereitelte. Doch setzte Bayer anschließend die frühen Schockmomente für das Dortmunder Publikum. In der 14. Minute scheiterte Eren Derdiyok dabei noch am Dortmunder Pfosten. Doch die Zielpeilung der Leverkusener arbeitete sich rasch in den optimalen Bereich vor: Derdiyoks Schweizer Landsmann Tranquillo Barnetta traf in der 19. Minute mit einem Flachschuss im Strafraum zum 1:0. Anschließend wurde ein Treffer von Dortmunds Sebastian Kehl ("eine bittere Entscheidung") wegen einer angeblichen Abseitsstellung nicht anerkannt. Kurz darauf nutzte der Brasilianer Renato Augusto (22.) die allgemeine Verunsicherung in der Dortmunder Defensive prompt zum zweiten Treffer.

Die Nöte in der Abwehr machte den Dortmundern in der Folge gegen die gut organisierten Leverkusener so zu schaffen, dass das Offensivspiel nur allmählich in Gang kam und den Gästen regelmäßig Raum zum Kontern ließ.

Nach dem Wechsel mühte sich Dortmunds Trainer Jürgen Klopp, mit Spielerwechseln für größere Gefahr zu sorgen, um das Spiel vielleicht doch noch zu drehen: Er brachte Robert Lewandowski (63.) für den allzu statischen Sebastian Kehl ("Wir waren einfach nicht konzentriert genug im Zweikampf, und Leverkusen war abgezockt"), Lukasz Piszczek für den jungen Kevin Großkreutz (67.) und später auch noch Dimitar Rangelow für Patrick Owomoyela (77.). Doch letztlich sprang kein zählbarer Erfolg dabei heraus.

Leverkusens Trainer Heynckes signalisierte bald, dass er sich seiner Sache sicher war. So gönnte er Renato Augusto das vorzeitige Duschen, Ballack durfte mit dem sicheren Ergebnis im Rücken dagegen über die volle Spieldistanz beweisen, dass er noch deutlich Raum zur Verbesserung hat. Beim kommenden EM-Test gegen Belgien wäre er trotzdem gerne dabei, betonte Ballack gestern, aber "der Trainer hat seine eigenen Vorstellungen".