Nur Lob und das Bundesverdienstkreuz für Joachim Löw. Doch der Bundestrainer zögert mit der Vertragsverlängerung

Pretoria/Port Elizabeth. Theo Zwanziger wurde seine Medaille einfach nicht los. Der DFB-Präsident stand am Ende einer prominent besetzten Reihe auf dem Podest im Stadion von Port Elizabeth, auf dem nach dem Spiel um Platz drei die siegreichen deutschen Profis geehrt wurden. Vor Zwanziger hatten sich Fifa-Präsident Sepp Blatter, Bundespräsident Christian Wulff und Südafrikas Staatschef Jacob Zuma platziert, und die verliehen die bronzenen Plaketten in einem Tempo, dass dem DFB-Boss nicht mehr blieb, als jeden Spieler und Betreuer zu umarmen, der frisch dekoriert an ihm vorbeikam. Für seine Medaille fand er erst einen Abnehmer, als der Bundestrainer das Podium betrat.

Ganz hinten hatte sich Joachim Löw eingereiht, und endlich konnte auch der Verbandspräsident zur Tat schreiten. Fast wirkte es einen Augenblick so, als ob der Bundestrainer ihm die Auszeichnung aus der Hand nehmen und sie sich selbst umhängen wollte. Doch diesen symbolischen Akt ließ sich Zwanziger nicht nehmen. Er streifte das Stoffband über den Kopf des Bundestrainers und drückte ihn so innig an sich, dass Löw ihm dabei etwas hilfesuchend über die Schulter schaute.

Es war die vorerst letzte öffentliche Charmeattacke auf seinen leitenden Angestellten, die Theo Zwanziger nach dem 3:2 gegen Uruguay im Spiel um Platz drei startete. Gestern Abend flog die Mannschaft nach Hause, und nun wird es ernst für den DFB. In den kommenden Tagen wird sich die Verbandsspitze mit der Chefetage der DFB-Auswahl zusammensetzen und diskutieren, ob die Verträge von Löw, seinen Assistenten Hans-Dieter Flick und Andreas Köpke sowie Teammanager Oliver Bierhoff verlängert werden.

Der Fußballverband als Arbeitgeber ist dabei auf dem Papier in der stärkeren Position, nach der starken WM aber längst zum Bittsteller geworden. Mit Engelszungen warb Zwanziger während der WM um Löws Gunst. Auch gestern betonte er noch einmal: "Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, mit dem Bundestrainer weiterarbeiten zu wollen." Löw jedoch ließ auch dieses Werben erst einmal an sich abprallen. "Ich kenne mich", sagte er, "ich spüre nach so einem Turnier immer eine gewisse Leere in mir. Darum werde ich die Entscheidung, ob ich weitermache, nicht aus den momentanen Emotionen heraus treffen, sondern erst einmal ein paar Tage ausspannen." Er müsse sich die Frage stellen, ob er noch Visionen habe und die Kraft und Energie, die Mannschaft weiter voranzutreiben.

Andererseits war sein Lob für die Mannschaft so überschwänglich, dass es schon erstaunlich wäre, wenn er alles hinwerfen würde. Die Mannschaft ist jung, der Teamgeist intakt, und die Perspektiven sind glänzend. Die Art, in der die Deutschen in der Begegnung gegen die Uruguayer nach einem 1:2-Rückstand die Partie drehten, lässt auf große Moral schließen - von den hohen Siegen über England (4:1) und Argentinien (4:0) gar nicht zu reden. "Ich muss der Truppe aus tiefstem Herzen meinen Dank aussprechen. Die Spieler haben sich wie Champions verhalten, ihr Auftreten war weltmeisterlich", sagte Löw.

In den kommenden Jahren wird es Aufgabe der sportlichen Leitung sein, die Distanz zur absoluten Weltklasse zu verringern. "Der Wandel hin zu einer einheitlichen Philosophie hat bei den Spaniern schon vor drei Jahren stattgefunden. Bei uns hat sich gerade erst eine junge Mannschaft gefunden, die sich noch weiterentwickeln und spielerische Automatismen entwickeln kann wie die Spanier", sagte Mittelfeldspieler Marcell Jansen .

Was also sollte Joachim Löw bei diesen Perspektiven abhalten von der Unterschrift unter das neue Arbeitspapier, das aller Voraussicht nach bis nach der Europameisterschaft 2012 datiert sein wird? Er wird einige Forderungen stellen. Zum Beispiel wird über die Zuständigkeit über die U-21-Nachwuchsmannschaft verhandelt werden, die pro forma in den Einflussbereich des DFB-Sportdirektors Matthias Sammer fällt. Außerdem will Löw nur im Team verlängern, also inklusive des beim DFB umstrittenen Managers Oliver Bierhoff.

Der allerdings wird sich genau anschauen, wie er künftig im DFB betrachtet werden wird. Er möchte nicht wohlgelitten, sondern voll akzeptiert sein. "Ich werde nach den bewegten Wochen einige Tage ausspannen. Dann werde ich mich mit meiner Familie und Löw beraten und entscheiden. Mit einer Alternative habe ich mich aber noch nicht beschäftigt", sagte Bierhoff.

Einen weiteren Beweis für die große Zuneigung, die Löw derzeit entgegenschlägt, zeigte gestern Christian Wulff. Der Bundespräsident kündigte an, Löw mit dem Bundesverdienstorden auszuzeichnen. Für die Spieler habe er das Silberne Lorbeerblatt in petto, sollte Theo Zwanziger ihn offiziell um diese Auszeichnung bitten. Der DFB-Präsident ließ daran keinen Zweifel.

Auch wirtschaftlich war die WM ein Erfolg - es wird mit einem Überschuss von zwei Millionen Euro gerechnet. Jeder Spieler wird für den dritten Platz 100 000 Euro Prämie kassieren. Das Urlaubsgeld der WM-Dritten ist auf jeden Fall weltmeisterlich.