Fünf Bundesligaspieler führten die Niederlande zum größten Erfolg seit 32 Jahren - auch eine Anerkennung für den deutschen Fußball
Johannesburg. Kurz vor Mitternacht kramte Mark van Bommel sein Handy aus der Tasche und durchforstete die seit dem Abpfiff der Halbfinalpartie gegen Uruguay (3:2) eingegangenen Kurzmitteilungen. Freunde aus der Heimat hatten ihm geschrieben, im Rausch der Glückseligkeit. Und auch aus München waren Nachrichten angekommen: Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, die Bosse des FC Bayern, gratulierten ihrem Kapitän wie auch Angreifer Arjen Robben zum Einzug in das Endspiel der WM. "Wir sind sehr stolz auf euch", lautete die Botschaft.
Der Triumph der Niederländer ist ebenso ein Erfolg für den deutschen Fußball. Trainer Bert van Marwijk, einst bei Borussia Dortmund, formierte für Südafrika eine Bundesligaauswahl. Neben den Münchnern van Bommel und Robben kamen Joris Mathijsen und Eljero Elia vom HSV sowie Stuttgarts Khalid Boulahrouz in Kapstadt zum Einsatz. Es war ein Sieg mit dem Gütesiegel "Made in Germany".
"Die Standards in Deutschland sind unglaublich hoch, alles ist absolut professionell. Das geht von den Trainingsbedingungen über die Betreuung bis hin zu den Stadien und dem Interesse der Zuschauer", sagt van Bommel, der vor vier Jahren vom FC Barcelona zum deutschen Rekordmeister wechselte.
Sein Kumpel Robben galt beim FC Chelsea in England sowie bei Real Madrid in Spanien schon als außergewöhnlicher Spieler. Zum Superstar wurde er erst durch seine Vertragsunterschrift im vergangenen Sommer in München.
"In sportlicher Hinsicht war es vielleicht die beste Entscheidung meines Lebens, zum FC Bayern zu gehen", sagt Robben, der in der abgelaufenen Saison bei 24 Einsätzen an 23 Treffern (16 Tore und sieben Vorlagen) beteiligt war. "So erfolgreich war ich nie zuvor - und ich weiß, dass diese Entwicklung mit der medizinischen Versorgung in München zusammenhängt."
Robben hat seit Beginn seiner Karriere ständig mit Muskelverletzungen zu kämpfen. In London und Madrid wurde er von den Fans wegen dieser Anfälligkeit als "der Gläserne" bezeichnet. Weil er so zerbrechlich ist. Beim FC Bayern wird die Trainingsbelastung individuell abgestimmt. "Als Spieler bist du hier auch Mensch", sagt Robben.
"Deutschland hat viele Sympathien gewonnen in Holland, da viele von uns in der Bundesliga spielen oder gespielt haben, wie Rafael van der Vaart und Nigel de Jong. Auch das Image der Deutschen hat sich seit der WM 2006 gewandelt", erklärt Robben. Die Bundesliga sei beliebt wie Premier League oder Primera Division. Aus der Sicht des renommierten Marktforschers Hartmut Zastrow, Vorstand des Kölner Unternehmens Sport+Markt, führt der deutsche Fußball sogar schon. Die Bundesliga sei der große Gewinner dieser WM, sagt Zastrow: "Es hätte gar nicht besser laufen können. Deutschland ist wie ein Magnet, der die heißen Eisen anzieht. Durch das Schaufenster WM hat die Bundesliga enorm an Attraktivität gewonnen."
Der PR-Experte rechnet fest damit, dass in naher Zukunft weitere Superstars aus dem Ausland in die deutsche Eliteklasse drängen werden. "Vorher hieß es doch: Die Deutschen zahlen pünktlich, spielen aber lausigen Fußball", sagt Zastrow. Dieses Vorurteil sei durch die zum Teil beeindruckenden Vorstellungen der Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw widerlegt worden: "Jetzt heißt es: Deutschland hat unglaubliche Anziehungskraft für ausländische Profis."
Zastrow ruft die Vereine dazu auf, den Rückenwind der WM zu nutzen. Die eigenen Stars müssten langfristig gebunden werden, zudem sollten auch auffälligen WM-Spielern Angebote unterbreitet werden. So könnte zum Beispiel Uruguays Alleinunterhalter Diego Forlan (Atletico Madrid) "eine hervorragende Heimat" in der Bundesliga bekommen: "Ansehen und Prestige steigen - die einmalige Chance kommt nicht so schnell wieder."
Auch die niederländische Fraktion in der Bundesliga könnte noch Zuwachs erhalten: Ibrahim Afellay (Eindhoven) liegt ein ausgehandelter Vertrag mit dem HSV zur Unterschrift vor. "Es ist allein seine Entscheidung, aber wir haben ihm alle geraten, nach Deutschland zu gehen", sagt der frühere Hamburger Kapitän van der Vaart.