Wie geht es nach dem Scheitern im WM-Halbfinale mit der deutschen Nationalmannschaft weiter? Das Abendblatt beantwortet die fünf wichtigsten Fragen

Durban. Bloß weg hier - nichts mehr sehen oder hören. Nach dem Spiel um Platz drei am Sonnabend sitzen die Nationalspieler während des Finales am Sonntag in Johannesburg voraussichtlich schon im Flieger nach Frankfurt. Heute Morgen sollen die die letzten Details der Rückreise geklärt werden. Am Flughafen ist am Montagmorgen noch eine kleine Verabschiedung geplant, die große Party am Brandenburger Tor fällt flach.

Wie geht es mit der DFB-Auswahl jetzt weiter? Fünf Fragen.

1. Bleibt Joachim Löw Trainer? Nachdem die ganze Welt vom neuen deutschen Stil geschwärmt hat, wird DFB-Präsident Theo Zwanziger alles in seiner Macht Stehende tun, um den Bundestrainer zu einer Vertragsverlängerung bis 2012 zu bewegen. Im Poker um die neuen Konditionen hat Löw, der sich der Unterstützung von Fans, Medien der Bundesliga sicher ist, die besten Karten. Die nochmals gestiegene Wertschätzung würde sich nicht nur in einem kräftigen Gehaltsplus niederschlagen. Wenn er es zu einer Bedingung macht, könnte er auch DFB-Manager Oliver Bierhoff - eigentlich vor dem Turnier chancenlos - zu einem neuen Kontrakt verhelfen. Knackpunkte sind aber nicht nur die Finanzen, sondern auch die künftigen Machtbefugnisse. Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball hat diese Woche deutliche Kritik an einer angeblichen Verselbstständigung der Nationalmannschaft innerhalb des Deutschen Fußballbundes geäußert. Klar ist: Einer völligen Autonomie des Handelns würde Zwanziger nicht zustimmen. Umgekehrt will sich der DFB-Präsident aber im Herbst erfolgreich zur Wiederwahl stellen. Da wäre ein Scheitern der Weiterbeschäftigung des Erfolgsteams nicht gerade förderlich. Während Bierhoff während des Turniers deutlich machte, dass er nur zusammen mit Löw weitermachen würde, dürfte der Bundestrainer sein Schicksal nicht zwangsläufig mit dem von Bierhoff verknüpfen.

2. Würde Matthias Sammer Löw beerben? Hört Löw auf, wäre der DFB-Sportdirektor der erste Kandidat für die Nachfolge. Zwanziger bevorzugt einen deutschen Trainer und hat Sammer bereits im Abendblatt-Interview in den Favoritenkreis berufen. Dieser steht für das so erfolgreich durchgeführte Nachwuchskonzept des Verbands, das bei dieser WM erste Früchte getragen hat. Eine lange Suche wie nach der EM 2004, als sich der DFB eine Absage bei Ottmar Hitzfeld holte, soll jedenfalls unbedingt vermieden werden.

Sammers Übernahme wäre gleichbedeutend mit dem Aus für Bierhoff, da beide eine innige Feindschaft verbindet. Weil sämtliche Verträge im Betreuerstab (wie der von Flick, Köpke und Psychologe Hans-Dieter Hermann) nach der WM auslaufen, dürfte in diesem Fall eine komplett neue Führungscrew die Verantwortung übernehmen.

3. Was passiert jetzt in der Mannschaft? Rücktritte sind nicht zu erwarten. Die ältesten Spieler in Südafrika waren Miroslav Klose (32) und Arne Friedrich (31), beide wollen weitermachen. Auch Kapitän Michael Ballack (33), der verletzt gefehlt hatte, will unbedingt noch einmal die (letzte) internationale Herausforderung suchen - wenn er denn darf. Weitere junge Spieler wie Mats Hummels und Benedikt Höwedes drängen ins Team. Manuel Neuer hat sich vorerst den Stammplatz im Tor gegen René Adler gesichert, der vor seiner verletzungsbedingten WM-Absage als Nummer eins gesetzt war.

4. Wer profitiert von der WM? Fußball made in Germany ist wieder in Mode gekommen. Für die hochtalentierten Spieler sollen sich die Anfragen stapeln. Während Thomas Müller (Vertrag bis 2013) sicher bei den Bayern bleibt, zeigt sich Stuttgart bei Sami Khedira verhandlungsbereit. Neben dem FC Chelsea soll auch Real Madrid starkes Interesse zeigen. Mesut Özil soll auf der Einkaufsliste von Barcelona stehen, Bastian Schweinsteiger wird mit Real Madrid, Chelsea und Manchester United in Verbindung gebracht. Für Arne Friedrich (Wolfsburg) hat sich sein Leistungshoch schon bezahlt gemacht.

5. Wie sieht das kommende Programm aus? Schon am 11. August steht ein Freundschaftsspiel in Kopenhagen gegen Dänemark an, danach wird es ernst: Am 3. September spielt Deutschland das erste Europameisterschafts-Qualifikationsspiel in Brüssel gegen Belgien, vier Tage später kommt Aserbaidschan nach Köln. Die weiteren Qualispiele: Gegen die Türkei (8. Oktober), in Kasachstan (12. Oktober) und in Schweden (11. November).