Simone Buchholz findet, dass Orange nicht zu blonden Typen passt

Die Farbe ist ja ein bisschen unglücklich. Sie passt eigentlich zu gar nichts und lässt einen immer irgendwie albern aussehen. Sie ist eine totale Quatschfarbe und hat was von Karneval. Ich habe kein einziges Fitzelchen Orange in meinem Kleiderschrank.

Früher, als ich noch ein Teenager war, hab ich hin und wieder Orange getragen. Ich hatte zwei apfelsinenfarbene Teile. Ein kreischiges, knappes T-Shirt mit gelber Blume drauf (schrecklich) und einen Minirock, der an Tennis erinnerte (oberschrecklich). Ich konnte die Farbe schon damals nicht tragen. Orange steht Blondinen nicht.

Sie müssen mal darauf achten, in der niederländischen Mannschaft sieht das Trikot auch nur an Giovanni van Bronckhorst und Eljero Elia richtig gut aus. Wie gesagt: Mir stand die Farbe nicht. Aber sie passte irgendwie zu der Art, wie ich unterwegs war. In einem schnellen, spaßorientierten Kurzpass-Spiel. Ich rannte und rauschte durch mein Leben, ich war beweglich und technisch gut ausgebildet, ich hatte viele ebenso bewegliche und technisch versierte Freunde, alle spielten gerne mit mir, wir spielten um des Spiels Willen, um der Schönheit zu huldigen, unserer Jugend. Es war bestimmt eine Freude, mir und meinen Freunden beim Spielen zuzusehen. Aber gute Ergebnisse erzielte ich nicht. Fuhr nicht viele Siege ein, wenn's drauf ankam. Fuhr immer vorm Viertelfinale nach Hause. Ich war der klassische Vorrundenmeister. In leuchtendem Orange.

Inzwischen sind die Fummel längst weg. Und ich hab mir eine andere Spielweise zugelegt. Etwas unspektakulärer. Nicht mehr ganz so aufreizend. Ja, defensiver. Vielleicht: etwas langweiliger. Aber so reiße ich mir bei großen Turnieren auch nicht mehr alles auf, wenn ich auf die Humorlosen und Steinernen treffe. Die können mir nichts mehr tun. Die brechen mir nicht mehr mein spielerisches Herz. Deshalb bin ich noch lange nicht zum Siegertypen mutiert, aber ich werde ernster genommen. Ich bin jetzt ein Muss-man-mit-rechnen-Typ. Das fühlt sich gut an. Mannschaftsdienlich. Selbstbewusst. Erwachsen. Und nur manchmal, wenn ich nach einem sicher nach Hause gespielten Tag abends mit der Zahnbürste am Fenster stehe und die jungen Dinger in die Nacht hinausziehen sehe, schnell und wendig und glockenhell lachend, dann vermisse ich mein früheres Spiel.

Das Orange vermisse ich nicht.

Keine Ahnung, warum die Holländer das noch tragen.

Simone Buchholz, 38, lebt als Autorin auf St. Pauli