1,70-Meter-Mann Wesley Sneijder will die Niederlande jetzt auch ins Finale schießen

Port Elizabeth/Johannesburg. Einen Tag lang durfte der Sieg gegen Brasilien gefeiert werden. Aber seit gestern bereitet Bondscoach Bert van Marwijk die niederländische Nationalelf auf das Halbfinale gegen Uruguay vor (Dienstag, 20.30 Uhr/ZDF). "Natürlich bin ich glücklich", sagte der Trainer. "Aber wir laufen jetzt nicht den ganzen Tag stolz herum und machen eine Polonaise. Wir sind noch nicht am Ziel."

Etwas entspannter geht van Marwijk das zweite Südamerika-Duell in Folge an, weil Innenverteidiger Joris Mathijsen vom HSV und Angreifer Robin van Persie von den Ärzten grünes Licht für einen Einsatz erhielten. Mathijsen hatte schon vor dem Brasilien-Spiel eine Knieverletzung erlitten, van Persie während des Spiels eine Ellbogenverletzung.

"Ich habe vom ersten Tag an gesagt, wir haben eine Mission: Weltmeister werden", betonte van Marwijk, "ich bin dafür oft ausgelacht worden." Seit der 58-Jährige 2008 die Auswahl von seinem glücklosen Vorgänger Marco van Basten übernommen hat, machte das Team eine erstaunliche Entwicklung. In diesem Jahr gab es neun Siege in neun Spielen, 24 Spiele in Serie gab es überhaupt keine Niederlage mehr.

Früher als glücklose Ballzauberer verspottet, zeigen die Niederländer inzwischen Tugenden, die einen Weltmeister ausmachen: spielstark, widerstandsfähig, gut organisiert und mit festem Glauben in die eigene Stärke. "Wir wollen mehr. Wir wollen alles", tönte Angreifer Dirk Kuyt. "Dies ist die WM von Oranje, die WM der Niederlande", jubelte "De Volkskrant".

Der Kleinste im niederländischen Team ist derzeit der Größte. Seit Wesley Sneijder, 1,70 Meter groß, von der Fifa das Eigentor des Brasilianers Melo zum 1:1 zugesprochen bekam, kann der Spielmacher sogar mit nun vier WM-Treffern noch Torschützenkönig dieses Turniers werden. Wesley war wieder großartig", sagte Teamkollege Dirk Kuyt. "Er hat die Fähigkeit, ein Spiel zu entscheiden. Er braucht nicht 90 Minuten den Ball", sagte Mathijsen über seinen Mitspieler. Sneijder selbst behauptet: "Ich bin im Moment in der Form meines Lebens, so stark wie nie." Tatsächlich ist er derzeit kaum zu stoppen.

Der Mittelfeldspieler von Inter Mailand kann nach drei Titeln mit dem Verein nun auch noch Weltmeister werden. "Das ist unglaublich. Wir stehen unter den letzten vier und schlagen Brasilien 2:1. Jetzt müssen wir unsere einzigartige Chance nutzen", sagte Sneijder, dessen bisherige Leistungen in Südafrika auch seinen sonst eher nüchtern-sachlichen Trainer Bert van Marwijk zum Schwärmen verleiteten. "Wesley ist in herausragender Form. Wir hoffen, dass er gegen Uruguay so weitermacht."

Sneijders Arbeitgeber Inter Mailand ist von den Leistungen des Niederländers angetan. Der Champions-League-Sieger will seinen noch drei Jahre laufenden Vertrag vorzeitig verlängern. Wie die Sporttageszeitung "Corriere dello Sport" berichtet, verhandelt der italienische Meister und Pokalsieger derzeit mit Sneijders Berater über eine Ausdehnung des Kontraktes bis 2015. Sein Gehalt soll von vier auf knapp sechs Millionen Euro pro Jahr erhöht werden. Mitbewerber um die Dienste des torgefährlichen Spielmachers sind allerdings Manchester United und der FC Chelsea.