Keine Niederlage hat Diego Maradona so sehr getroffen wie das 0:4 gegen Deutschland

Kapstadt. Er hat schon eine neue Aufgabe gefunden. Diego Maradona versucht sich jetzt als Berufsberater. "Stellen Sie Ihre Konzepte doch mal dem argentinischen Verband vor. Die werden Ihnen bestimmt zuhören", sagte der argentinische Nationaltrainer zu einem Reporter, der seine Taktik nach dem verlorenen WM-Viertelfinale gegen Deutschland (0:4) hinterfragt hatte.

Künftig wird er aller Voraussicht nach viel Zeit für solche Tipps haben. Es ist unwahrscheinlich, dass Maradona Argentiniens Mannschaft weiter führen wird. Nach knapp zwei Jahren wird seine Amtszeit in den nächsten Tagen wohl beendet. Die Verantwortlichen des Verbandes halten sich zwar bedeckt - niemand feuert gern eine lebende Legende, einen Nationalhelden, der noch bis 2011 unter Vertrag steht. Wer sich von Maradona an diesem Wochenende aber ein Bild machen konnte, der gewann den Eindruck, dass er wohl zurücktreten wird.

Die Schmach ist zu groß. Durch übermäßigen Drogenkonsum und sein übergroßes Ego agierte er schon oft fernab der Wirklichkeit. In der Stunde seines Scheiterns aber war er ganz realistisch. "Deutschland hatte auf dem Spielfeld viele Ideen, die wir nicht hatten. Ich fahre jetzt mit einer Niederlage zurück in meine Heimat. Das ist immer schwer. Jeder Argentinier ist enttäuscht." Wer auch immer künftig Trainer sei - "er sollte den eingeschlagenen Weg weitergehen". Er sei stolz auf seine Spieler. "Die sollen weitermachen. Wer sagt, dass sie die argentinischen Farben nicht mit Stolz tragen, ist eine dumme Person."

Die Diego-Show ist nun vorbei. Vor und während der WM rätselten Fans und Experten, ob der einstige Weltklasse-Spieler ein geeigneter Trainer oder nur ein Maskottchen sei. Weil er seine Spieler abknutschte, weil viele Gesten und Sätze berechnend wirkten, weil er zuvor noch keine große Mannschaft trainiert hatte.

Gegen Deutschland zeigte sich, dass er nicht so gut taktieren kann, wie er früher zu spielen vermochte. Seine Mannschaft war hoffnungslos unterlegen. "Wille und Drang, ja. Ansonsten chaotische Taktik", urteilte die argentinische Zeitung "Clarin", und "Ole" formulierte: "Maradonas WM endet mit einer Tracht Prügel. Es wird Jahre dauern, das zu vergessen."

Und doch ist er immer noch das Idol Argentiniens. Vor dem Spiel hatten Hunderte Fans auf dem Platz vor dem Stadion Lieder über ihn gesungen. In der Kirche loben sie Gott, beim Fußball Maradona. Nachts zogen die Fans durch die Straßen von Kapstadt, verarbeiteten ihren Frust in den Bars und schwenkten Transparente mit seinem Gesicht drauf. Und diskutierten über die eine Frage: Was wird jetzt aus Diego?

Ihrem Diego. Für den die WM eine Bühne war, die ihm nach all den Irrwegen einen Lebenssinn gab. Der mit seinen Emotionen, Extravaganzen und Sprüchen eine Bereicherung für das Turnier war. Der 1986 im WM-Viertelfinale in Mexiko gegen England (2:1) das 1:0 mit der Hand erzielte und später den Titel gewann. Dessen 2:0 der Weltverband Fifa später zum "Tor des Jahrhunderts" wählte. Der kürzlich sogar auf dem Trainingsplatz paffte. "Wir werden das Ausscheiden analysieren. Ich werde jetzt mit meiner Familie sprechen", sagte Maradona. Derzeit habe er keine Kraft, für gar nichts, ließ er noch wissen.

Auch als Spieler hat er Rückschläge erlitten und ist wiedergekommen. Doch diesmal sei alles anders. Selbst mit dem Ausscheiden Argentiniens bei der WM 1982 sei die bittere Niederlage nicht zu vergleichen. "Damals war ich ein Junge. Ich habe das nicht realisiert. Jetzt aber bin ich fast 50 Jahre alt."