Für Schwachpunkt Demichelis ist Trainer Maradona ein Glücksfall

Kapstadt. Seit ein paar Tagen herrscht Funkstille zwischen Martin Demichelis und seinen Bayern-Kollegen. "Bis zum Achtelfinale habe ich ein paar SMS mit Miro Klose und Philipp Lahm geschrieben. Wir sind gute Freunde", verrät der argentinische Innenverteidiger. Doch seit die Viertelfinal-Paarung feststeht, ruht der Kontakt.

Für die 90 oder mehr Minuten am Sonnabend in Kapstadt gibt es auch keine "Freundschaft" mehr, wie Bastian Schweinsteiger sagte. Auch wenn es nur einen Sieger geben kann - "das wird unser Verhältnis nicht verändern", beruhigt Demichelis, dem die verbalen Sticheleien der Münchner Klubkameraden ganz und gar nicht schmeckten.

Mit Worten zurückschießen mochte er dennoch nicht. "Für mich ist nicht so wichtig, was gesagt wird. Wichtig ist für mich, was am Ende auf dem Platz ist. Da werden wir die Antwort geben", sagte der 29-Jährige, der sein Team vor Klose, Özil und Podolski warnte und auf eine Gefahr in Luftduellen hinwies. "Aber ich kenne auch die Schwachpunkte der deutschen Mannschaft. Und ich habe schon mit meinem Trainer und meinen Kollegen gesprochen."

Eine kleine Spitze mochte sich Demichelis aber nicht verkneifen. Schweinsteiger mache in Südafrika durch seine guten Leistungen den Ausfall von Michael Ballack vergessen. Beim argentinischen 1:0-Sieg im Testspiel Anfang März in München hatte der DFB-Kapitän Demichelis bei einem Luftduell schwer im Gesicht verletzt. Er erlitt einen Kiefer- und Jochbeinbruch, musste anschließend operiert werden und bangte lange Zeit um die WM-Teilnahme. Zudem beklagte er, dass sich Ballack nie bei ihm entschuldigt habe.

Ebenfalls ärgern dürfte den Bayern-Profi die Sicht seiner Kritiker, die ihn als WM-Schwachpunkt im eigenen Team sehen. Er verschuldete beide Gegentreffer der "Gauchos" mit. In den heimischen Medien wurde gefordert, den Innenverteidiger auszutauschen.

Dennoch, in der Gunst von Trainer Maradona steht der Verteidiger sehr hoch. "Wer hat gesagt, dass er schlecht gespielt hat?", blaffte der Trainer gegen die Kritiker. "Der Fehler, den er gegen die Südkoreaner gemacht hat, hätte jedem passieren können."

Erleichterung löste das beim "Señor Central" aus, wie der Coach Martin Demichelis nennt. "Ich bin stolz darauf, dass mich Maradona jederzeit unterstützt", sagt der 29-malige Nationalspieler, der seinen Chef in den höchsten Tönen lobt. Als Trainer sei Maradona gewachsen. "Er ist sehr positiv. Und was kann man Negatives über ihn sagen, wenn er alle vier WM-Spiele gewonnen hat", fragte Demichelis, der trotzdem belastet wirkt.

Der sensible Profi nimmt sich seine Fehler auf dem Platz selbst auch zu Herzen, sagt: "Ich weiß, dass ich einen der größten Fehler gemacht habe."

Nichts traf ihn aber so tief, wie die Ausbootung aus dem Kader vor der WM 2006. "Damals war ich fast tot, wollte nicht mehr Fußball spielen." Manchmal neigt Demichelis eben doch zur Theatralik.