Simone Buchholz kommentiert die Übertragungen der WM auf Eurosport

Im Grunde hab ich ja gar nichts gegen offensives Dilettantentum. Meistens ist das sogar ganz lustig, wenn Leute einfach so rumdödeln, ohne Sinn und Verstand. Aber doch bitte schön privat. Für den eigenen Spaß. Beruflichen Dilettantismus finde ich unerträglich. Ich erwarte von jedem, der für seinen Job bezahlt wird, absolute Professionalität.

Und ich empfinde das, was mir Eurosport mit seiner WM-Show "Soccer City" vorsetzt, als Frechheit. Eine krude Mischung aus irrelevanten Nachrichten, völlig beliebigen Umfeldgeschichten und holprigem Expertentalk. Das ganze Ding findet in englischer und französischer Sprache statt, wird dann für den deutschen Zuschauer simultan übersetzt, was irgendwie bizarr und albern wirkt. Ich frage mich wirklich, wer sich so was anschaut. Das müssen ziemlich dumme Leute sein, denen man eine Menge erzählen kann. Zum Beispiel, dass eine der interessantesten Sachen in Südafrika ist, dass man in jedem Township frisches Obst kaufen kann. Und dass in einem riesigen Township in Soweto sehr viele glückliche Leute leben. Nur lachende Gesichter! Man kann Popcorn kaufen! Und in den Baracken wohnen bis zu zehn Menschen! Toll! Hallo? Schuss nicht gehört?

Und dann dieser Moderator, der aussieht wie ein Katalogmodel. Der wahrscheinlich auch eher als Katalogmodel ausgebildet wurde und nicht als Fernsehjournalist. Was er an Fußball zu präsentieren hat, geht so: in die Länge gezogene Filme vom Training der Mannschaften und Standbilder von den Spielen. Dazu wird immer mal Arsène Wenger eingeblendet, wie er im Gegenlicht auf einem Balkon steht und unzusammenhängendes Zeug erzählt.

Die Eurosport-WM-Show "Soccer City" ist ein ganz schlimmer Auswuchs eines Spartensenders. Und das Schlimmste ist: Sie missbrauchen den großen Roger Milla für ihre Zwecke. Sie setzen den Mann, der den Tanz an der Eckfahne erfunden hat, an ihre blöde Expertentheke und stellen ihm blöde Fragen. Es ist ein Wunder, dass Roger Milla nicht auch superblöd antwortet. Aber das macht wohl seine Größe aus.

Mit meiner Größe ist es ja nicht weit her. Ich bin klein und gemein und schließe mich an einem so wichtigen Tag wie heute Bastian Schweinsteiger an - ordentlich pauschalisieren und die Argentinier immer schön verbal abgrätschen. Also, hört mal her, liebe Gauchos: Ihr habt alle ganz furchtbare Frisuren, aber das kennt man von euch ja nicht anders.

Simone Buchholz, 38, lebt als Autorin auf St. Pauli