Simone Buchholz kommentiert die Übertragung der DFB-Pressekonferenz

Während großer Fußballturniere gebe ich mir täglich den Stenger. Jeden Tag um 12.30 Uhr sitze ich vor der Glotze und warte fröhlich darauf, dass DFB-Mediendirektor Harald Stenger die DFB-Pressekonferenz eröffnet und uns alle mit seinem ureigenen Charme da durchführt. Meistens beginnt es so: Der Stenger sitzt in Poloshirt und nach unten geklappten Mundwinkeln auf dem Podium und wartet. Es ist ein herrlich demonstratives Warten. Dem Warten des Stenger wohnt ein gewisser Vorwurf inne. So sieht man nur Männer beim Arzt warten, die ganz selten beim Arzt sind und diese Warterei erstens nicht gewohnt sind, sie zweitens für komplett überflüssig halten und sie drittens als persönliche Beleidigung empfinden. Irgendwie rührt mich das, wie der Stenger da sitzt und wartet, auf die Abordnungen des Trainer- und Spielerklubs, auf die Journalisten aus allen Ländern und aufs Fernsehen. Das ist so unglaublich bodenständig und wenig telegen. Fernsehen ist ja immer dann am besten, wenn es am wenigsten Fernsehen ist. Wenn es unlackiert, ehrlich und uneitel ist. So wie der Stenger eben. Einer, der englisch mit einem knallharten hessischen Akzent spricht und sich keinerlei Mühe gibt, das irgendwann mal zu ändern. "Das Fernsehen überträgt live auf fast allen Kanälen", sagt er und guckt sehr seriös.

Dann kommt Jogi Löw. Sitzt neben dem Stenger, glänzend und glatt und gepflegt und sieht aus, als käme er von einem anderen Stern. Oder, und das ist wahrscheinlicher: Der Stenger kommt vom anderen Stern. Vom Stern der hessischen Bären. Da sind alle ganz brummig, haben traurige Augen und reden frankfurterisch. Dem hessischen Bären ist es wichtig, ernsthaft und seriös rüber zu kommen, aber sobald einer einen Witz macht, unter Jungs, muss er so lachen, und dann wird alles plötzlich total lustig und Pustekuchen ist mit seriös. Gerade wenn einer der Spieler was sagt, was dem Stenger gefällt. Dann wird der ganz onkelig-fröhlich. Und dann merkt man auch schnell, wie gern die Spieler den haben. Es ist wirklich ein Jammer, dass sie den Stenger beim DFB nicht mehr haben wollen. Andere sparen auf so was.

Was sonst noch zu vermelden war: Angela Merkel flüchtet aus ihren aktuellen Berliner Hölle und kommt zum Viertelfinale nach Kapstadt. Das wird ihr guttun. Löw sagt, er und die Mannschaft sind Merkel-Fans. Und Shakira-Fans. Wie das genau zusammenpassen soll, weiß ich jetzt allerdings nicht.

Simone Buchholz, 38, lebt als Autorin auf St. Pauli