Schweinsteiger eröffnet die Verbalattacken gegen die Südamerikaner - Maradona schießt zurück

Pretoria. Pressekonferenzen sind oft grenzwertige Veranstaltungen. Meist sitzen dort mäßig auskunftsbereite Spieler vor wenig erwartungsfrohen Journalisten, und beide Parteien duellieren sich mit Fragen und Antworten um den Preis der größten Belanglosigkeit. Doch es gibt Ausnahmen, wie gestern im Medienzentrum des Hotels "Velmore Grande", Quartier der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Dort herrschte Hochbetrieb. Das ist vor dem Viertelfinale einer WM nichts Ungewöhnliches, zumal es zur Neuauflage von 2006 kommt, als Deutschland ebenfalls in der Runde der letzten acht Argentinien nach dramatischem Elfmeterschießen besiegte. Den wahren Reiz bekommt das diesjährige "Remake" jedoch durch die spezielle "Nachspielzeit" der Partie von vor vier Jahren.

Wie die Vandalen stürzten sich die unterlegenen Argentinier damals auf die Deutschen. Per Mertesacker bekam einen Vollspannstoß in die Körpermitte, der die Familienplanung des Verteidigers durchaus hätte gefährden können: Danach war das Gemetzel eröffnet. Torsten Frings wurde anschließend für das Halbfinale gesperrt, weil er einen Gegenspieler geschubst hatte. Den argentinischen Ersatzspieler Leandro Cufre, der Mertesacker getreten hatte, sperrte der Weltverband Fifa gar für vier Pflichtspiele und verdonnerte ihn zu 6100 Euro Geldstrafe. Maxi Rodriguez, der Bastian Schweinsteiger tätlich attackiert hatte, musste zwei Spiele zwangspausieren.

"Was damals passiert ist, steckt noch in unseren Köpfen drin", sagte Schweinsteiger, der 2006 in der 74. Minute für Tim Borowski ausgewechselt wurde, gestern. Überhaupt, fuhr Schweinsteiger fort, würden die Argentinier ständig provozieren, vor und während des Spiels. Und er hätte gehört, auf den Tribünen gingen die Fans der "Albiceleste" nicht anders vor als ihre Idole unten auf dem Rasen: "Die hocken in Gruppen zusammen, obwohl sie gar keine zusammenhängenden Karten haben. Und die Zuschauer, die dort sitzen, werden verscheucht. Das zeigt ihren Charakter und ihre Mentalität."

Vielleicht wäre es schlau gewesen, wenn DFB-Mediendirektor Harald Stenger, der das Schauspiel gestern leitete, an dieser Stelle dem Münchner unter dem Tisch kurz gegen das Schienbein getreten hätte. Andererseits: Der Mann ist 25 Jahre alt und hat 78 Länderspiele absolviert; kurzum, er ist erwachsen. Da sollte er wissen, dass es vor einem solch emotionalen Spiel gewisse Reaktionen provozieren wird, wenn er dem Gegner kollektive Verschlagenheit vorwirft. Und Schweinsteiger legte nach: "Es geht schon vor dem Spiel los. Da gestikulieren sie in Richtung Gegner. Auf dem Feld ist das genauso. Da kann man nur hoffen, dass der Schiedsrichter erkennt, von wem die Provokationen ausgehen." So ein Verhalten gehöre sich nicht und sei respektlos. "Aber die Argentinier sind nun mal so", schloss er.

Im Saal wurde hörbar durchgeschnauft, als der Simultanübersetzer Schweinsteigers Attacke auf Englisch übermittelt hatte. Viele argentinische Journalisten waren anwesend und schienen nur begrenzt die Meinung des Mannes auf dem Podium zu teilen. Es sind ungewohnte Töne, die da aus der deutschen Mannschaft drangen. Sie signalisieren dem Turnierfavoriten, dass sich die jungen Deutschen nicht beeindrucken lassen. Argentiniens Nationaltrainer Diego Maradona schoss gestern zurück. Der Sieg der Deutschen im WM-Finale 1990 in Rom sei ein "Mafia-Sieg" gewesen, da der von Andreas Brehme verwandelte Foulelfmeter zu Unrecht gepfiffen worden sei.