Simone Buchholz kommentiert die ARD-Sen dung “Waldis WM-Club“

Liebe ARD-Verantwortlichen, wie alt ist eigentlich die offizielle Zielgruppe Ihres Senders? Einhundertzwei? Seit ich mir gestern "Waldis WM-Club" angesehen habe, fühle ich mich um sechzig Jahre gealtert. Ich denke ernsthaft darüber nach, mir einen Treppenlift zu bestellen. Das hatte eine dermaßen geriatrische "Musikantenstadl"-Anmutung, ich hatte kaum noch die Kraft, umzuschalten.

Waldemar Hartmann will ich das nicht vorwerfen, der ist halt, wie er ist, und meistens finde ich den sogar lustig, nur wahrscheinlich nicht so, wie er denkt. Aber es ist entscheidend, womit man so ein volkstümliches, bayerisches Hö-hö-hö-Urviech kombiniert. In dem Moment, in dem da nicht Harald Schmidt sitzt, sondern sonst wer, wird das alles ganz schnell unfassbar langweilig.

Sonst wer waren gestern Maria Riesch, Michael Rummenigge und Matze Knoop. Maria Riesch, Weltmeisterin und Olympiasiegerin in halsbrecherischen Ski-Disziplinen, ist abseits der Piste in etwa so aufregend wie ein Blumenkohl. Die Frisur sitzt sexy wie bei Mutter Beimer, Talent vor der Kamera geht gegen null. Michael Rummenigge sieht aus wie ein Typ, der versucht, mit einer durchschaubaren Kalle-Rummenigge-Imitation Geld zu verdienen. Wäre im Prinzip kein schlechtes Entertainment, aber dem netten Michael fehlt alles, was seinen Bruder Karl-Heinz auszeichnet: Härte, Kälte, Macht im Blick. Kalle Rummenigge ist ein kristallines Wesen, vor dem man Angst haben kann, Michael möchte man eine Tasse Tee machen. Der vierte Mann am Tisch ist ein Comedian. Das ist sowieso eine schwierige Spezies. Die halten sich ja immer für ungeheuer lustig und können keine zwei Minuten still sitzen, ohne einen einstudierten Witz vom Stapel zu lassen. Und wenn sie doch still da sitzen, wirken sie unecht und geschminkt und verkrampft. Als würde ihnen eine gewisse Zeit ohne blöde Scherze körperliches Unbehagen bringen.

Der Komödiant, der gestern Waldemar Hartmann zugeteilt war, hieß Matze Knoop. Er trägt eine Aushilfs-Irokesen-Frisur, das soll wohl jugendlichen Appeal ins Bild pütschern, aber es sieht nur provinziell aus. In dem Look machte er dann gestreckte Witze, Waldi Hartmann sagte "sensationell", Frau Riesch und Herr Rummenigge kuckten, als wären sie aus Papier. Und ich musste die ganze Zeit an diese Arztsendung mit Antje-Katrin Kühnemann denken, die meine Oma immer so gerne hatte.

Simone Buchholz, 38, lebt als Autorin auf St. Pauli