Der englische Torwart trainiert sogar im Badezimmer. Seine Leistungen sind dennoch schwankend. Aber er selbst ist von seinem Können überzeugt

Rustenburg. Die schwierigsten Schüsse hält David James unter der Dusche. Vor jeder Partie lässt sich der englische Nationaltorhüter kaltes Wasser über seinen Körper laufen und spielt in Gedanken mögliche Angriffe des Gegners durch. Auch am Sonntagnachmittag, am Tag des Achtelfinalspiels gegen Deutschland. "Manchmal dauert das 20 Minuten. Ich fange Flanken ab, mache Abstöße und Paraden. Das hilft", sagt der Profi vom FC Portsmouth.

39 Jahre ist er alt. 20 Jahre ist er Profi, hat alles erlebt. Fast alles. In Sachen WM-Spielen ist er unerfahren, nur zwei hat er absolviert, nach 13 Jahren in der Nationalelf. Ausgerechnet er soll England den Viertelfinaleinzug sichern, zur Not im Elfmeterschießen. Beim täglichen Strafstoßtraining gibt er noch nicht alles. "Das kann ich doch nicht machen, dann nehme ich unseren Spielern das Selbstvertrauen", sagt er und lacht.

Wer ist David James?

Bei der WM 2002 in Japan und Südkorea war er nur dabei statt mittendrin. Seine Bilanz: Null Spiele, die Nummer eins war David Seaman. 2006 in Deutschland wieder kein Spiel, die Nummer eins diesmal Paul Robinson. Deutschlands Torwart Manuel Neuer ist 15 Jahre jünger als James und hat dennoch ein WM-Spiel mehr absolviert.

Der damalige Nationaltrainer Steve McClaren sortierte James nach dem Turnier vor vier Jahren sogar aus. Erst McClarens Nachfolger Fabio Capello holte ihn zurück in den Kader. Er war auch diesmal in Südafrika wieder nur die Nummer zwei - bis Robert Green der schwere Fehler gegen die USA (1:1) unterlief. Capello wechselte danach Green gegen James. Die Botschaft wirkt kaum erbaulich: Unter allen Fliegenfängern, die für das Tor Ihrer Majestät in Frage kommen, hält Capello gerade James für den Besten.

Und tatsächlich: In den letzten zwei Vorrundenpartien spielte James zu Null (0:0 gegen Algerien, 1:0 gegen Slowenien). "Ich war immer die Nummer eins. Ich habe nur nicht gespielt", sagt James. Diese Logik hat er ganz exklusiv.

Der Mann hat eben ein großes Selbstvertrauen. Mit seinen 1,96 Metern und dem breiten Kreuz würde er auch als Türsteher durchgehen. Er hat schon gemodelt, sich auch nackt ablichten lassen, nur einen Ball vor dem Genital. Wenn er mit sanfter Stimme die Spiele analysiert, wirkt er hingegen wie ein Professor: ruhig, gesprächig, reflektierend. "Ich bin froh, dass die englische Nation die Möglichkeit hat, ein Duell mit Deutschland zu erleben."

Er war der erste schwarze Torhüter in der englischen Nationalmannschaft. Seine Schwächen: Konzentrationsmängel und Strafraumbeherrschung. "Unheil-James" nennen sie ihn. Seine Stärken: Gute Reflexe auf der Linie, lautstarke Anweisungen für seine Verteidiger und ein unbedingter Wille.

Er ist immer auf der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten. Jetzt arbeitet er mit einem Sportpsychologen. "Früher wollte ich perfekt sein und habe selbst mein Selbstvertrauen zerstört. Heute sage ich: 'Wenn Fehler passieren, passieren sie.'"

Er hat viel in seinem Leben verändert. 15 Jahre lang hat er geraucht, bis zu 20 Zigaretten am Tag. Inzwischen lebt er ohne Nikotin. Er hat sich den Klimaschutz als Aufgabe gemacht. Seinen 7er-BMW tauschte er gegen einen Chrysler, in den er einen Rapsöl-Motor einbauen ließ. Sein Mittel, die Nervosität zu vertreiben, ist einfach: Spaß.