Erasmia. Dieser junge Mann ist wirklich mit einer ungeheuren Portion Selbstvertrauen ausgestattet. "Ich habe mich schnell daran gewöhnt, die Nummer eins zu sein", sagte Manuel Neuer gestern, und er ließ mit der Art und Weise seiner Ausführungen keine Zweifel daran, dass diese Rangfolge gefälligst auch nach der WM und der Genesung seines Konkurrenten René Adler zu gelten habe.

Anders als bei anderen Nationalspielern war beim 24 Jahre alten Schalker, der gegen Ghana erst sein achtes Länderspiel für sich verbuchen durfte, keinerlei Anspannung zu verspüren, eher Erleichterung, dass er sich im dritten Gruppenspiel endlich einmal auszeichnen durfte: "Das war für mich schon eine Genugtuung." Fragen nach der Wackelabwehr ließ der Gelsenkirchener wie eine Gummiwand an sich abprallen: "Bei Ghana haben schließlich keine Blinden gespielt, das sind athletische Topspieler. Wir sind froh, das Spiel gewonnen zu haben. Den kritischen Ansatz lassen wir zuhause. Wenn Sie wollen, müssen Sie das selbst reinschreiben. Von mir hören Sie nichts."

"Ohne Angst und mit breiter Brust" will der Torwart ins England-Spiel gehen und "ein sicherer Rückhalt für die Mannschaft sein, das ist meine Aufgabe." Er sagt es so, als sei es die einfachste Sache der Welt. Okay, nächster Versuch. Was ist, wenn es zum Elfmeterschießen kommt? "Dabei kannst du als Torwart nur gewinnen. Wenn es dazu kommt, bin ich bereit und glaube an mich." Für den Fall der Fälle will er sich aber bei Torwarttrainer Andreas Köpke mit den nötigen Tipps versorgen, der bei der EM 1996 im Halbfinale den entscheidenden Elfmeter von Englands Southgate hielt. "Ich muss nur gut im Memory-Spiel aufpassen und mir merken, welcher Schütze in welche Ecke schießt."

Womöglich ist ein Hintergrund dieses demonstrativ zur Schau getragenen Selbstbewusstseins aber auch ein Ereignis vom 29. Juni 2009. Im Endspiel der U-21-Europameisterschaft fegte das deutsche Juniorenteam England mit 4:0 vom Platz. "Und Mesut (Özil, d. Red.) hat damals, wenn ich mich richtig erinnere, ein Tor erzielt." Stimmt genau, Herr Neuer. Die weiteren Torschützen waren Sandro Wagner (2) und Gonzalo Castro.

"Wir haben in Deutschland kein Torwartproblem", umschrieb Co-Trainer Hansi Flick elegant die Sorgen der Engländer, die seit Jahren auf der Suche nach einem neuen, starken Schlussmann sind. "Manuel hat gegen Ghana gezeigt, was eine Nummer eins ausmacht. Wenn er das gegen England wiederholen kann, sind wir sehr zufrieden." Wenn einer nicht daran zweifeln dürfte, dann ist es Neuer selbst: "Bodo Illgner wurde mit 23 Weltmeister. Warum nicht ich mit 24?"