Simone Buchholz über die Weltmeisterschaft im Vormittagsprogramm

Meine italienischen Männer sind für ein paar Tage nicht im Haus. Der kleine Halbitaliener macht Ferien bei Oma und Opa in Schleswig-Holstein. Der große Vollitaliener ist offiziell auf einer Fortbildung in Nordrhein-Westfalen, ich vermute ihn aber eher in Rom. Er wird sich dem italienischen Verband anbieten, als neuer Commissario Tecnico, neuer Abwehrchef, neuer Mittelfeldregisseur. Ich kann's ihm nicht verdenken. Weil ich also alleine zu Hause bin, habe ich gestern was total Verrücktes gemacht: Ich habe Frühstücksfernsehen gekuckt.

War das ein Fest. Lauter alte Bekannte gesehen. Die charmante Anne Gesthuysen, die auch dann noch hübsch aussieht, wenn sie in eine Vuvuzela bläst. Sven Lorig, der eigentlich die ganze Zeit über nichts anderes redet als über Fußball. Peter Großmann, mit Gerald Asamoah im Bus unterwegs. Sogar Donald Bäcker ist noch da! Ich habe das wirklich lange nicht mehr gesehen, und ich frage mich: Waren die immer schon so albern? Sven Lorig ist zeitweise sogar mit Blumenkette UND Flagge behängt.

Die Flagge trägt er dann eine halbe Stunde später nicht mehr, er hat sie an Donald Bäcker weiter gereicht. Donald Bäcker trägt im Laufe der Sendung noch aufblasbare Deutschland-Handschuhe und eine Deutschland-Clownsperücke. Irgendwie haben die da ein bisschen den Wahnsinn im Haus. Als würden sie nur Quatsch machen, wenn die Kameras kurz aus sind. Und wie das da aussieht: Deutschland - crazy aber hurra. Überall Stoffblumen, Klapperkram und Konfetti in Schwarz-Rot-Gold. Hempels unterm Sofa, Leute! Finde ich aber gut, so sieht's bei uns zu Hause auch immer aus (allerdings nicht in Schwarz-Rot-Gold).

Schön ist, dass die nicht nur durchgeknallt sind, sondern auch richtig gute Fernsehmacher. Die nehmen sich nicht so ernst, machen aber trotzdem - oder genau deswegen - alles richtig. Und wenn sie mal patzen, dann lachen die das weg. Das macht locker und selbstsicher. Genau das, was die deutsche Mannschaft an so einem Tag braucht. Sven Lorig kann auch noch punktgenau seine Wünsche formulieren: "Wäre das nicht ein schöner Tag, um auszuscheiden? Ja, liebe Engländer!"

Ich bin seit gestern verliebt in Sven Lorig. Und ein bisschen auch in Gerald Asamoah, weil er so cool aussieht, wie er im Dunkeln neben Peter Großmann und einer brennenden Mülltonne steht. Wird Zeit, dass die Italiener zurück kommen.

Simone Buchholz, 38, lebt als Autorin auf St. Pauli