Athen. Bei allem Ärger überwog der Stolz. Der herzliche Empfang in Athen und die wohlwollenden Schlagzeilen der heimischen Presse trösteten die Griechen ein wenig über das 2:4 gegen Deutschland im EM-Viertelfinale hinweg. Der Bremer Innenverteidiger Sokratis wertete die Tage in Polen mit Blick auf die WM 2014 als ermutigendes Signal. "Diese Mannschaft hat eine Zukunft. Wir sind eines der acht besten Teams in Europa. Das ist ein Riesenerfolg, wenn man bedenkt, dass es die Niederländer nicht geschafft haben."

Ähnlich positiv fiel das Medienecho aus. "Wir sind stolz auf euch - ihr habt uns eine wunderbare Reise geschenkt. Danke!", kommentierte "SportDay". Nicht minder gut gesinnt urteilte "LiveSport" und verwies auf den Klassenunterschied zwischen beiden Teams: "Das Monster war nicht zu bezähmen. Löws Mannschaft spielt auf einer anderen Ebene. Sie ist jetzt der große Favorit."

Doch die Griechen tun gut daran, den Einzug ins Viertelfinale nicht überzubewerten. Die Fakten dokumentieren großen Renovierungsbedarf. Seit dem Sieg im EM-Finale von Portugal 2004 hat das Team nur eine von sieben Partien bei EM-Endrunden gewonnen. Zudem gab keine Mannschaft bei der EURO 2012 weniger Schüsse auf das gegnerische Tor ab. Mit einem Schnitt von nur 3,5 Versuchen pro Spiel dürfte auch künftig wenig zu gewinnen sein. Vor allem im Duell mit den kreativen Deutschen erwies sich die antike Defensivstrategie als wenig zeitgemäß. "Wir haben keine Struktur. Wir haben nur unser Talent und den Willen. Das ist auf Dauer zu wenig", sagte Konstantinos Katsouranis, 33, der den gesperrten Georgios Karagounis am Freitag gegen Deutschland als Kapitän ersetzt hatte.

Nationaltrainer Fernando Santos, 57, wird sein Hauptaugenmerk deshalb auf die Verbesserung des Offensivspiels richten müssen. Bereits vor dem Start in die EM-Vorbereitung hatte er seinen Vertrag bis 2014 verlängert. Dem Vernehmen nach hob der Verband sein Gehalt während der EM an.

Die Griechen wissen die Arbeit des Portugiesen zu schätzen: Schließlich gingen seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren erst drei Spiele verloren, zwei davon jetzt in Polen. "Was ich mitnehme aus dem Turnier ist die Lust, die Leidenschaft, die das Team in allen vier Spielen gezeigt hat", sagte Santos. Die Qualifikation für die WM in Brasilien wird der Coach ohne den Europameister von 2004, Konstantinos Chalkias, 38, und den ehemaligen Frankfurter Nikos Liberopoulos, 36, bestreiten - und wahrscheinlich auch ohne Theofanis Gekas, 32. Beide Routiniers erklärten nach dem EM-Aus erwartungsgemäß ihren Rücktritt aus dem Nationalteam.