Kolumne: Deutsche im Ausland sind nur bedingt beliebt. Jetzt geben wir auch noch fußballerisch und wirtschaftspolitisch den Ton an

Was mussten wir in dieser wunderbaren Zeitung lesen? Thomas Müller ist unzufrieden mit der deutschen Presse. Ihm sind wir alle zu negativ. Hiermit leisten wir Abbitte: Wir sind total euphorisch, die Stimmung in Deutschland ist fantastisch, und insbesondere Ihre Leistung, Herr Müller, wird von uns allen hier gefeiert! So viel dazu.

Der gute Junge war wahrscheinlich auch unter Schock. Das Ende der Vorrunde ist immer wieder ein schrecklicher Moment, ein bitterer Vorgeschmack auf den nahezu gänzlich fußballfreien Juli und das komplett sportlose Leben nach dem Tod: ein Tag spielfrei!! Ein Albtraum! Man fällt in ein tiefes Loch. Dummerweise war in Hamburg auch noch zeitgleich Ferienbeginn und man hatte plötzlich haufenweise unausgelastete Kinder im Garten. Womöglich sogar die eigenen! Da wünschte mancher sich in die Ukraine. Auch ohne Fußball.

Zugegeben: In dieses osteuropäische Land mit seinen entzückenden FDP-farbenen Fans fahren wir Deutschen eher selten, was wahrscheinlich an der Fünfprozenthürde liegt. Ansonsten leert sich aber die Stadt doch turnierunabhängig mehr als zügig, wenn die Ferien beginnen. Diese Jahreszeit ist ideal für alle, die die Sierichstraße einmal verkehrt herum befahren wollen bzw. zur falschen Zeit, um herauszufinden, was dann passiert. Ich sage es euch: nichts! Das ist einfach ein Riesenspaß!

Sie ist beeindruckend, die Begeisterung, mit der wir Deutschen immer am ersten Ferientag in die Welt ausschwärmen. Trotzdem sagt man uns nach, wir hätten Angst vor Fremden. Seltsam. Ist es nicht eher so, dass wir mit den weißen Sonnenhüten, den weißen Socken und den weißen Beinen unsererseits im Ausland Fremdenangst auslösen!?

Das sind vielleicht Vorurteile. Was ja auch gerne behauptet wird: Wir Deutschen müssen sparen. Da lächelt die boomende Kreuzfahrtindustrie nur milde. Bevor Merkel - ohne das Parlament zu fragen - unsere Kohle zum Fenster rauswirft, machen wir das doch lieber selber. Aber wir können doch nicht immer nur auf dem Meer im Kreis fahren?! Nur: Wo sollen wir hin?

Unsere Beliebtheit hielt sich schon immer in Grenzen. Wir haben jahrhundertelang alle genervt mit unserer geistlichen Musik und unserer klassischen Literatur, mit unserer Bildung und unserer Schwermut. Aber jetzt geben wir auch noch fußballerisch und wirtschaftspolitisch die Richtung vor: Da will erst recht keiner mehr mit uns spielen.

Die Uefa beispielsweise hat die deutschen Schiedsrichter schon wieder nach Hause geschickt. Da nutzt es auch nichts, dass unsere Mannschaft die fairste Elf der Vorrunde war. Weltpolitisch sieht es ebenfalls nicht gut aus: Der Amerikaner schimpft über uns, weil wir den europäischen Kreditnehmern gegenüber seiner Meinung zu inkonsequent sind und zu nachgiebig.

Denen aber wiederum sind wir zu streng und zu geizig. Wir Deutschen sind momentan in einer schwierigen Position: Jüngst musste der EU-Kommissar Barroso unsere Kanzlerin sogar gegen Angriffe von "Sparfuchs" Obama verteidigen - wie erniedrigend!!

Nun gut, der Barroso ist Portugiese. Der will sich mit uns offenbar nicht schon vor dem Finale anlegen. Der Mann weiß: Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Für die Südeuropäer natürlich, für uns nicht. Griechenland und England - das sind doch keine Gegner! Wie Löw es sagen würde: "We survived the death group!"

Zumindest die Griechen werden sicher keine ernsthafte Gegenwehr leisten. Die Dankbarkeit angesichts unserer Milliardenhilfen wird ihnen aus jeder Pore blitzen! Außerdem ist ihr einziger turniertauglicher Spieler gesperrt. Wegen einer angeblichen Schwalbe. Dabei war es ein Foul, und die Elf hätte dafür einen Elfmeter bekommen müssen. Mehr noch: Man hat der Mannschaft auch noch ein reguläres Tor aberkannt. Blödes Spardiktat: Nicht mal ihre eigenen Tore dürfen sie behalten. Schon ungerecht, dieses Europa. Vielleicht wehren sie sich doch, die Griechen.

Aber es ist schon interessant, dass die Pleitenationen Griechenland, Spanien, Italien und Portugal alle das Viertelfinale erreichen. Genauso spannend ist es aber, dass aufgrund des Turniermodus die Geberländer England und Deutschland das Finale nicht untereinander ausmachen können.

Sport ist Sport. Und Geld schießt keine Tore. Sondern Thomas Müller. Und dann wird aber so was von gefeiert!