Warum der Trainer der Ukraine gern mal lospoltert und Vergleiche nicht mag. Gegen England verspricht er Leidenschaft

Charkow. Es war ein typischer Blochin, kein Ukrainer würde sich darüber wundern. So kennen sie ihn, ihren Nationaltrainer. Wenn Oleg Blochin, 59, irgendetwas nicht passt, dann poltert er rum. "Ach was", sagen sie, "dafür muss ihm nicht mal etwas nicht passen." Und so kann es für Außenstehende unterhaltsame Züge annehmen, wenn Blochin beginnt zu plaudern. Nach der Niederlage gegen Frankreich etwa nahm er sich die Zuschauer vor. Die hatten nach dem 0:2 in Donezk gepfiffen. Das sei mal wieder typisch, schimpfte Blochin: "Wenn wir gewinnen, wie zum Auftakt gegen Schweden, dann ist alles gut. Aber wenn wir verlieren, dann würden sie am liebsten alle erschießen."

Dass sich Blochin im Vokabular vergriff, das war ihm herzlich egal - und seinen Landsleuten irgendwie auch. Blochin, der General, der in so vielem an weit vergangene Zeiten erinnert, ist ein Grantler, sagen sie. Aber er bleibt Blochin, ihr Held, der seine größten Verdienste sammelte, als die Ukraine noch Teil der Sowjetunion war. Und wenn es jemand schafft, die Elf mit einem Sieg über England heute (20.45 Uhr/ARD)ins Viertelfinale zu führen, dann ja wohl Blochin. "Er weiß, wie England besiegt werden kann", assistierte Stürmer Marko Devic artig. "Wir alle vertrauen ihm."

Wer über den ukrainischen Fußball redet, kommt an drei Namen nicht vorbei. An Waleri Lobanowski, dem Trainerguru, der einst Dynamo Kiew befehligte und die sowjetische Auswahl, sich später aber in den Wirren der neuen Ukraine zu Tode soff. An Andrej Schewtschenko, der einst für den AC Mailand und den FC Chelsea stürmte und nun mit 35 sein letztes großes Turnier spielt.

Und eben an Oleg Blochin, dem Angreifer, der es in den 70er- und 80er-Jahren mit so ziemlich jedem auf der Welt aufnehmen konnte. Und über den Franz Beckenbauer einmal sagte: "Der hatte alles, er war schnell im Kopf und schnell auf den Beinen. Er war ein Schlitzohr. Und dann hatte er noch eine exzellente Technik."

Lobanowski, Blochin, Schewtschenko, alle drei hängen irgendwie zusammen. Der eine trainiert jetzt noch den anderen, und Lobanowski trainierte sie beide. Und weil Blochin nun wie einst Lobanowski als Trainer arbeitet, muss er sich immer wieder Vergleiche mit dem Vorgänger gefallen lassen. Er mag das nicht. "Ich war sein Spieler, nicht sein Co-Trainer. Ich bin kein Lobanowski-Schüler", sagt er.

Wie sein Trainer denn funktioniere, wurde Schewtschenko einmal gefragt. Er sollte einen Einblick hinter die Fassade des Mannes geben, den sie früher "Floh" nannten. Schewtschenko wand sich um die Antwort. Er sagte, er sei ein strenger, aber guter Trainer. Dass er seinen eigenen Stil habe. Und nein, unfreundlich sei er ganz gar nicht. "Er ist ein herzlicher Mensch."

In seiner Trainerkarriere habe er gelernt, "dass es nicht gut ist zu zeigen, wie es in mir aussieht", sagt Blochin. So bemüht er vor dem Spiel gegen England Allgemeinplätze. "Wir werden einen leidenschaftlichen Kampf zeigen", sagt er. "Bis zuletzt." Und die Aufstellung? "Militärisches Geheimnis!" (as)

England: 1 Hart - 2 Johnson, 6 Terry, 15 Lescott, 3 Cole - 17 Parker, 4 Gerrard - 16 Milner, 11 Young - 10 Rooney - 22 Welbeck (9 Carroll). Ukraine: 12 Pjatow - 9 Gussew, 17 Michalik, 3 Chatscheridi, 2 Selin - 11 Jarmolenko, 4 Timoschtschuk, 19 Konopljanka - 18 Nasarenko - 10 Woronin, 7 Schewtschenko (22 Devic). Schiedsrichter: Kassai (Ungarn).