Der Aushilfs-Rechtsverteidiger nutzte seine Chance, könnte aber trotzdem auf die Bank rotieren

Danzig. Bevor irgendwelche Missverständnisse aufkommen konnten, ergriff Lars Bender gestern Vormittag vorbeugend die Initiative. An Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski, das Trainerduo von Bayer Leverkusen, schrieb Bender eine SMS, damit die beiden nach seinem erfolgreichen Auftritt am Vorabend gegen Dänemark nun nicht auf dumme Gedanken kommen. Obwohl er in der Nationalmannschaft selbstverständlich gerne für den gesperrten Jerome Boateng als Rechtsverteidiger ausgeholfen habe, wolle er im Verein unter keinen Umständen seine Stammposition im defensiven Mittelfeld aufs Spiel setzen. "Wenn die beiden auf der rechten Abwehrseite Bedarf haben, dann müssen sie sich um einen Neuzugang bemühen", sagte Bender breit grinsend.

Der 23-jährige Defensivallrounder hatte allen Grund, knapp 14 Stunden nach seinem wohl größten Erfolg seiner noch jungen Karriere in der Nationalmannschaft zu Späßen aufgelegt zu sein. Immerhin hatte Bender am Vorabend kurz vor Schluss im Spiel gegen Dänemark mit seinem ersten Länderspieltor Deutschland endgültig ins EM-Viertelfinale geschossen. Eine "Riesengeschichte" sei das gewesen, ein "tolles Erlebnis", der "absolute Wahnsinn". Sein Handy sei nach dem Spiel "regelrecht explodiert", und natürlich habe er auch mit seinem Zwillingsbruder Sven, der kurz vor der EM aus dem Kader gestrichen wurde, umgehend telefoniert.

Was Sven seinem Bruder am Telefon so zu sagen hatte, blieb im Kreise der Familie Bender. Der Rest der Fußballelite sparte dagegen nicht wirklich mit öffentlichen Lobpreisungen. Er habe "hinten alles weggeräumt" (Mats Hummels), hätte "sich zerrissen" (Thomas Müller), sei "ein Siegertyp" (Joachim Löw) und hätte sich deswegen "das Tor verdient" (Manuel Neuer).

Artig bedankte sich Bender für die Komplimente und die Chance, überhaupt spielen zu dürfen, gab aber auch zu, dass er eigentlich gar keine andere Wahl gehabt hätte, als den Ball kurz vor Schluss nach seinem 80-Meter-Sprint ins Tor zu schießen. "Mir blieb doch gar nichts anderes übrig", sagte Bender, "hätte ich dem Torhüter den Ball in die Arme geschossen, dann hätte ich die 80 Meter ja wieder zurücklaufen müssen." Bohahaha, der Saal lachte. Und was er seinem Konkurrent Boateng nun voraus habe? "Ein Tor." Wieder Lachen.

Ob Benders Stimmungshoch tatsächlich bis zum Viertelfinalspiel gegen Griechenland am Freitag in Danzig anhält, bleibt allerdings fraglich. Trotz aller Lobhudelei wollte sich Löw unmittelbar nach dem Sieg gegen Dänemark nicht für oder gegen Bender aussprechen, schließlich habe "der Jerome in den ersten beiden Spielen auch einen sehr guten Job abgeliefert". Und wer die Wahl hat, der hat die Qual.