Bürgermeister Olaf Scholz und DFL-Präsident Reinhard Rauball debattierten bei der 18. Hamburg Soirée am Montagabend über Gewalt im Fußball.

Hamburg. Hoher Besuch bei der 18. Hamburg Soirée im Hotel Vier Jahreszeiten. Vor 150 geladenen Gästen, darunter Ehrenbürger Uwe Seeler, Box-Weltmeisterin Susi Kentikian und der HSV-Vorsitzende Carl Jarchow, traf Dr. Reinhard Rauball auf Olaf Scholz. Der Präsident der Deutschen Fußballliga (DFL), der zugleich dem deutschen Meister Borussia Dortmund vorsteht, und Hamburgs Bürgermeister - da waren niveauvolle 90 Minuten garantiert.

Wer vor der Veranstaltung, die vom Internet-Preisportal Günstiger.de und der Sparda-Bank unterstützt wurde, erwartet hatte, dass sich der 65-jährige Jurist in der Kunst der Diplomatie üben würde, sah sich getäuscht. Offen und scharf kritisierte der DFL-Präsident beispielsweise die Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar: "Ich halte die Entscheidung für sinnfrei und verstehe sie nicht. Wenn man jetzt überlegt, die Spiele in den Winter zu verlegen, und deshalb in Zentraleuropa möglicherweise die Spielpläne verändert werden müssen, sehe ich das nicht ein."

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Einen Schwerpunkt des Gesprächs, das von den Moderatoren Christian Hinzpeter (Agentur Hinzpeter & Wagner) und Jens Meyer-Odewald (Hamburger Abendblatt) geleitet wurde, bildete das Thema Gewalt und Ausschreitungen im Fußball. Rauball hütete sich davor, den Sportrichtern vor der Berufung St. Paulis nach dem Kassenrollenwurf eine Empfehlung zu geben. Gleichwohl merkte er an: "Die Vereine werden bestraft für Handlungen von Zuschauern, auf die die Klubs keinen Einfluss nehmen können. Es ist nun einmal erlaubt, Feuerzeuge mit ins Stadion zu nehmen. Ich empfinde es als schwierig, drastische Strafen zu verhängen. Wir müssen mit Vertretern des DFB reden, wie wir mit solchen Fällen in Zukunft umgehen werden."

Rauball machte klar, dass er gegen die Abschaffung von Stehplätzen ist, wie es in England passiert ist. Von der Einführung von Gesichtsscannern halte er genauso wenig. Dennoch warnte der DFL-Boss explizit davor, dass eine zunehmende Gewalt dem Fußball nachhaltig schaden könne: "Wir müssen mit der Politik Lösungen finden. Aber ganz allein bekommen wir die Gewalt nicht raus." Und genau an dieser Unterstützung mangele es: "Wir fühlen uns mit diesen Themen alleingelassen." Scholz stellte indes fest, dass er den großen gesellschaftlichen Trend, dass alles verroht, nicht erkennen könne. Dennoch versicherte er, dass es weiter die Aufgabe des Staates sein müsse, für die Sicherheit bei Sportveranstaltungen zu sorgen, und zwar ohne dass besondere Gebühren erhoben werden sollten. „Ich war nie dafür, die Kosten für die Sicherheit in Fußballstadien auf die DFL umzulegen“, sagte Scholz.

Was zu tun sei, um möglichst früh gegen Gewalt anzusetzen? "Es ist von entscheidender Bedeutung, wie man sich über Gewalt äußert, dass man sie beispielsweise beschönigt, nach dem Motto: Er hatte es schwer und versucht es jetzt mit Gewalt zu kompensieren", sagte Scholz. "Schon früh, ob in Krippen oder Kindergartenplätzen, gilt es, Orte zu schaffen, wo durchaus auch mal gestritten und diskutiert werden kann. Aber Gewalt ist keine geeignete Form der Auseinandersetzung. Am Ende zählt auch der Polizeieinsatz."

Mindestens genauso spannend war das Gespräch, als es um die Beurteilung der Ereignisse rund um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff ging. Angesprochen darauf, ob er denn auf den Ehrensold verzichten würde, erzählte Rauball, dass er auf sein sechsstelliges Übergangsgeld nach seiner Zeit als Justizminister verzichtete. Gerne nahm der Tennisfreund hingegen sein Geschenk an: Karten für das nächste Rothenbaum-Turnier im Juli.