Eine Glosse von Christian-A. Thiel

Jupp Heynckes wird gehofft haben, dass dieser Moment niemals kommen würde. Doch nun hängt das Spätwerk des alten Meisters bei der Diva der Bundesliga, dem FC Bayern München, in Fetzen. Die Dreifachchance des Rekordmeisters auf die Titel in Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal droht im Mülleimer der Geschichte zu landen.

Als Uli Hoeneß und Jupp Heynckes im vergangenen Frühjahr per Handschlag, wie man es unter Männerfreunden so tut, ihren erneuten Bund fürs sportliche Leben besiegelten, waren sie zusammen 124 Jahre alt. Von Entschleunigung sprach Heynckes damals, und von Gelassenheit. Andere meinten beim Trainerdenkmal mehr als einen Hauch Altersmilde beobachtet zu haben. Mit seinen herausragenden Spielern und einer Prise Souveränität würden die Titel zum Selbstgänger. Dachten die Bayern.

Nun aber zeigt sich, dass alle Erfahrung ihre Grenzen hat. Alter schützt vor (Gegen-)Toren nicht. Das Münchner Starensemble schwächelt, und Heynckes ist ratlos - der alte Mann und die Leere. An seinem System aber kann und will er nichts ändern. Dass Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge nichts Besseres einfällt als die urdeutsche Forderung "Strengt euch an, Jungs", muss man ihm nachsehen. Der Mann ist erst 56.

Aber vielleicht ist ja auch Jupp Heynckes noch zu jung. In Berlin testen sie gerade die Rente mit 75. Die beiden großen Alten, Otto Rehhagel, 73, als Hertha-Trainer und Joachim Gauck, 72, als Bundespräsident (oder war es umgekehrt?) lassen den Jugendwahn ganz alt aussehen. Mehr Erfahrung geht nicht.