1899 Hoffenheim hat mit der Verpflichtung eines 13-Jährigen einmal mehr den Unmut der Liga auf sich gezogen. Doch 1899-Manager Ernst Tanner kann die Aufregung nicht verstehen.

HOFFENHEIM. Die Jagd nach jungen Talenten durch die Fußball-Bundesligisten wird zunehmend aggressiver: 1899 Hoffenheim hat einen 13-Jährigen verpflichtet und damit den Unmut der Deutschen Fußball Liga (DFL) auf sich gezogen. «Mein Wunsch wäre ein generelles Abwerbe-Verbot für junge Talente. Die Statuten lassen sich aber nicht einfach so von DFL-Seite ändern. Dafür müssen die Vereine selber mitspielen», sagte DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus der Berliner Tageszeitung BZ. Dass sich die Bundesligisten bei den Transfers von Teenagern in Zukunft zurückhalten, scheint jedoch ausgeschlossen.

Der von Tennis Borussia Berlin verpflichtete Nico Franke erhält bei den Kraichgauern einen Ausbildungsvertrag bis 2014. Dafür kassiert der 13-Jährige aktuell 250 Euro Gehalt im Monat. Das bringt jedoch einige Protagonisten aus dem Profifußball derzeit ziemlich auf die Palme. Immer wieder fällt das Wort «Kinderhandel», wenn Talente quer durch die Republik zu einem anderen Verein wechseln. Und immer wieder steht Hoffenheim am Pranger.

So hatte Hertha BSC Anfang 2011 den Hoffenheimer Scouts Hausverbot für den gesamten Berliner Olympiapark und die Geschäftsstelle von Hertha BSC bei Spielen sowie Trainingseinheiten erteilt, nachdem der ehemalige 1899-Chefscout Wolfgang Geiger zu aggressiv um Jugenfußballer der Hertha geworben hatte. Deshalb kann auch Ex-Hertha-Trainer Markus Babbel die Vorgehensweise der Hoffenheimer bei der immer wilder werdenden Talentjagd nicht nachvollziehen. «Hoffenheim ist in dieser Hinsicht besonders aggressiv, das kenne ich noch aus meiner Zeit in Stuttgart. Es geht nicht, dass 14- oder 15-jährige Kinder aus ihrem Umfeld gerissen werden und weit weg ziehen», sagte der 39-Jährige.

Der frühere Manager von Union Berlin, Christian Beeck, meinte: «Die Entwicklung ist sehr bedenklich. Auch rechtlich, denn schließlich sind die Eltern als Erziehungsberechtigte in der Pflicht. Da beschäftigen sich 14-, 15-Jährige mit Dingen, die sie noch gar nicht wissen sollten. Denen werden dann oft von Beratern Flausen in den Kopf gesetzt. Viele Jugendliche sind einfach überfordert.»

Hoffenheims Manager Ernst Tanner kann die Aufregung um den Franke-Transfer indes überhaupt nicht nachvollziehen. «Ich war zwar nicht ganz involviert, aber meines Wissens hatte Franke auch Angebote von Bayern, Hertha und großen Vereinen aus dem Westen. Wahrscheinlich waren unsere Leute überzeugender. Wir haben da kein Problem. Wir haben ein überzeugendes Konzept», sagte Tanner. Hoffenheim sorgt einmal mehr für einen Aufreger. Erst die Akustik-Affäre zu Saisonbeginn, jetzt die Kritik am «Kinderhandel» - das Image der Kraichgauer hat zuletzt gelitten.

Allerdings sind international betrachtet Transfers von Minderjährigen keine Seltenheit. Zuletzt verpflichtete Champions-League-Sieger FC Barcelona für sein Jugendinternat ein zehn Jahre altes Ausnahmetalent aus Japan. Die Katalanen entschieden, Takefusa Kubo unter ihre Fittiche zu nehmen, obwohl eigentlich keine Spieler vor Vollendung ihres 13. Lebensjahres Aufnahme in die Barca-Fußballschule finden. Takefusa Kubo wurde bereits als Achtjähriger in Yokohama erstmals vom spanischen Meister gesichtet.

In Japan wird der Teenager bereits mit dem argentinischen Weltfußballer Lionel Messi vom FC Barcelona verglichen. Auch dieser wurde schon als Jugendlicher im Barca-Internat ausgebildet. Im Dezember hatte zudem der englische Rekordmeister Manchester United mit der Verpflichtung des fünfjährigen Charlie Jackson für Schlagzeilen gesorgt. (sid/abendblatt.de)