Wut und Resignation in Frankreich nach dem 0:2 gegen Mexiko

Berlin. Florent Malouda gilt gemeinhin als Musterprofi der Branche. Der linke Mittelfeldspieler verrichtet meist verlässlich seinen Job und genießt ob seiner Flexibilität hohes Ansehen. Das hat ihm einen Vertrag beim FC Chelsea und 53 Länderspiele in der französischen Auswahl eingebracht. Den jüngsten internationalen Auftritt allerdings würde der im Übersee-Departement Französisch-Guayana geborene Profi am liebsten aus den Annalen streichen. "Das war eine Schande", sagte Malouda nach dem 0:2 gegen Mexiko, das den Titelträumen des Weltmeisterschaftszweiten von 2006 wohl ein jähes Ende bereitete. "Sie müssen den Trainer fragen, welche Schlüsse er aus dem Spiel zieht", ergänzte der 30-Jährige.

Doch gerade darin liegt die Krux. Denn Raymond Domenech wirkte am Donnerstagabend noch ratloser als nach dem 0:0 zum Auftakt gegen Uruguay. Seine Appelle an die "Equipe Tricolore" erschienen nur noch wie ein letzter, verzweifelter Versuch: "Wir müssen den Stolz und die Ehre haben, das Spiel gegen Südafrika zu gewinnen. Aber es liegt nicht mehr in unseren Händen", sagte der bemitleidenswerte Trainer: "Ich weiß nicht, was ich der Mannschaft sagen soll. Ich bin sprachlos." Dafür schrieb die Presse in der Heimat Klartext und versagte "Les Bleus" jegliches Mitgefühl: "Bloß keine Trauer. Und Ärger schon gar nicht. Es wäre zu viel an Gefühlen für diese Spieler, deren Ego ihr einziges Banner ist", kommentierte die Sporttageszeitung "L'Equipe".

Eine Ansammlung von Stars statt ein verschworener Haufen

In der Tat hatte sich die von Weltklasse-Einzelkönnern wie Franck Ribéry (Bayern München) oder Nicolas Anelka (FC Chelsea) angeführte französische Auswahl wieder einmal als traurige Ansammlung von Stars, aber eben nicht als verschworener Haufen erwiesen. Domenechs Schachzug, Ribéry vom linken Flügel in die Zentrale zu beordern und dafür Spielgestalter Yoann Gourcuff zu opfern, war eine fatale Fehleinschätzung. Zur miesen Teamleistung gesellten sich individuelle Schnitzer. Beim 0:1 schlief die Innenverteidigung und wähnte den Torschützen Javier Hernández im Abseits. Dem 0:2 durch den Foulelfmeter von Cuauhtémoc Blanco ging ein dämliches Foulspiel von Eric Abidal (FC Barcelona) an Pablo Barrera voraus.

Der Großteil der Spieler flüchtete ohne Kommentar in den Mannschaftsbus. Immerhin stellte sich Patrice Evra den unbequemen Fragen. Der Kapitän, der wie Ribéry und Malouda am Freitag beim Training fehlte - offizielle Erklärung: die drei unterzogen sich einer Bädertherapie -, sprach von einer "Schande". Domenech verweigerte eine Analyse, aber er nahm wenigstens die Verantwortung für die erste WM-Niederlage der Franzosen gegen Mexiko auf sich. "Ich bin für diese Mannschaft verantwortlich. Deshalb ist es meine Schuld", sagte der 58-Jährige, der nach der Endrunde von Laurent Blanc abgelöst wird.

Es war wohl ein Fehler, an Domenech festzuhalten. In Polokwane wurde sichtbar, dass die Kluft zwischen dem Trainer und dem Team nicht zu überbrücken ist. Während Domenech die Partie fast teilnahmslos verfolgte, glich der Auftritt seiner Stars einer Arbeitsverweigerung. Die "Grande Nation" hat ohnehin genug von den einstigen Lieblingen - und sie bereits abgeschrieben: "Eine Mannschaft ohne Herz und Seele. Es wäre eine Schande, wenn dieses Team noch das Achtelfinale schafft", kommentierte "Le Figaro".