Johannesburg. Ein besseres Bild hätte es nicht geben können: Die Lichtgestalt des deutschen Fußballs erstrahlte sogar im komplett abgedunkelten Saal des Sandton Convention Centre in Johannesburg. Etwa ein Dutzend Kamerateams umschwirrten Franz Beckenbauer bei einer Werbeveranstaltung für Adidas. So ziemlich jeder Medienvertreter bemühte sich um eine Einschätzung des 64-Jährigen vor der WM.

Nach einer kurzen Gesprächsrunde mit der in Südafrika beliebten Fernsehmoderatorin Carol Manana ("Es war so aufregend. Er ist eine Legende, ein echter Kaiser") stand Beckenbauer gewohnt charmant Rede und Antwort. Für einen chilenischen Reporter skizzierte er die Chancen Chiles, für den australischen Reporter die Chancen Australiens, einem Niederländer versuchte Beckenbauer die Sorgen um Arjen Robben ("Das wird schon wieder") zu nehmen, und für einen Chinesen verglich er sogar das Wetter am Kap mit den klimatischen Bedingungen bei der WM 2006 in Deutschland: "Wenn es so bleibt, werden wir alle gemeinsam eine wunderbare Zeit haben."

Als Favoriten auf den Titelgewinn bezeichnete Beckenbauer die Brasilianer ("Mit denen ist immer zu rechnen") sowie die Spanier, "da sie nicht nur spektakulär nach vorn, sondern auch wunderbar organisiert Fußball spielen". Doch Beckenbauer, 1974 als Kapitän und 1990 als Teamchef Weltmeister, traut auch dem Aufgebot von Bundestrainer Joachim Löw eine gewichtige Rolle zu. Die jüngsten Auftritte hätten ihn "sehr beeindruckt". Nach dem Ausfall Ballacks müsse jeder bereit sein, "zehn Prozent mehr zu leisten".

Eine technisch-taktische Weiterentwicklung des Fußballs erwarte er nicht, betonte Beckenbauer, "einst waren das gewaltige Sprünge, zum Beispiel zwischen 1954 und 1966. Das ist nur noch minimal möglich". Ganz anders verhalte es sich mit dem Material: "Ich staune, wenn ich den Ball sehe. Was da so alles drin ist: Gold, Platin, Mars- und Mondstaub. Früher war er einfach nur aus Leder."