Arne Friedrich stieg mit Berlin ab und in der Nationalelf zum Hoffnungsträger in der Abwehr auf

Erasmia. Ein Absteiger wird Weltmeister - das klingt beinahe so, als ob ein Tellerwäscher innerhalb von vier Wochen seine erste Million erwirtschaften soll. Nun ist Arne Friedrich mit seinen 72 Länderspielen natürlich kein Emporkömmling und schon gar kein armer, schließlich ist sein Vertrag beim künftigen Zweitligaklub Hertha BSC mit üppigen 3,5 Millionen Euro dotiert. Aber dass es mit seiner nationalen Reputation nicht zum Besten bestellt ist, weiß der 31-Jährige selbst: "In der Vergangenheit wurde ich nie hoch gehandelt, das ist für mich Alltag."

Wie vor der WM 2006, als der Name Friedrich beim Lamentieren über die Wackelpudding-Abwehr der Deutschen ebenso hoch im Kurs stand wie bei Abhandlungen über hölzernes Aufbauspiel. Am Ende hatte er jedoch in sechs Spielen auf dem Platz gestanden und den Einzug ins Spiel um Platz drei miterkämpft. Bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz beackerte Friedrich, der Unverdrängbare, in den letzten vier Spielen einschließlich des Finales die rechte Abwehrseite.

Und jetzt also Südafrika. "Ich bin mit wenig Erwartungen zum DFB gereist und habe mir nicht allzu große Chancen ausgerechnet", gesteht Friedrich ein, der dann aber zügig feststellte, sich im Kreis des DFB "körperlich gut zu fühlen und mental gut drauf zu sein", die Horrorsaison mit Hertha also schnell abschütteln konnte. Parallel zu seiner guten Präsentation wuchsen bei Joachim Löw die Zweifel an Serdar Tasci, der eigentlich ein Lieblingsschüler des Bundestrainers ist und lange Zeit erster Kandidat für den Platz in der Innenverteidigung neben dem gesetzten Per Mertesacker war und über weitaus bessere Anlagen als Friedrich in der Spieleröffnung verfügt, aber zuletzt nicht überzeugen konnte.

Hinter der "Abteilung Spielfreude" mit den Protagonisten Özil, Podolski, Khedira & Co. hofft Löw nun in der Abwehr auf Erfahrenheit und Stabilität, was für Friedrich den positiven Nebeneffekt hat, dass er sich für andere Klubs empfehlen kann, schließlich stehen in Berlin, wo er anders als bei der Nationalelf die rechte Innverteidigerposition innehatte, trotz seines Vertrages bis 2011 die Zeichen auf Trennung.

"Ich habe immer gesagt, dass ich mich in der Innenverteidigung wohler fühle als auf außen, da ich kein Spieler bin, der 90 Minuten die Linie rauf und runter läuft. Und an den Mini-Wechsel in der Innverteidigung von rechts nach links habe ich mich auch schneller als erwartet gewöhnt", freut sich Friedrich, einer der großen Gewinner der Vorbereitung, der sogar in den Mannschaftsrat berufen wurde.

Seine Rolle sieht er zusammen mit Mertesacker vor allem in der lautstarken Organisation der Defensivarbeit. Schon während der Trainingslager auf Sizilien und in Südtirol fielen seine klaren Kommandos in den Übungseinheiten auf. Ist er etwa der neue Oberaufseher der Abwehr? "Nein, weder Per noch ich haben eine Chefrolle, die Verantwortung tragen beide Innenverteidiger gemeinsam." Sein neuer Kompagnon ist zufrieden: "Wir senden auf der gleichen kommunikativen Wellenlänge", bestätigt Mertesacker, "wenn man die Viererkette professionell betreiben will, gibt es den Taktgeber nicht."

Interessant aus Hamburger Sicht: Friedrich geht nicht nur davon aus, dass Löw seine Formation in der Verteidigung gefunden hat. "Ich denke, dass wir mit der Startaufstellung gegen Bosnien-Herzegowina auch in das Australien-Spiel gehen werden", sagte der Berliner und fügte schnell hinzu: "Ohne es zu wissen." Was bedeuteten würde, dass HSV-Profi Piotr Trochowski den Kampf mit dem Bayern Thomas Müller um den Platz im rechten Mittelfeld gewonnen hätte und Jerome Boateng für Holger Badstuber auf die Bank müsste.