Erstes Training des deutschen Nationalteams in Südafrika - fünf Tage vor dem WM-Auftaktspiel gegen Australien sind alle 23 Spieler fit.

Erasmia/Atteridgeville. Als Joachim Löw das erste Trainingsspiel auf südafrikanischem Boden, genauer im Super Stadium von Atteridgeville, um 17.57 Uhr abpfiff, konnte er vor allem zwei Dinge zufrieden feststellen: Alle 23 Spieler hatten die insgesamt 75-minütige Einheit auf 1800 Meter Höhe von Anfang bis Ende ohne Probleme absolviert. Zur Abwechslung also mal keine neuen Verletzten im DFB-Lager. Die zweite Erkenntnis lautete: In dem lockeren Kick an der Heimstätte des Erstligaklubs Mamelodi Syndowns über etwas mehr als das halbe Spielfeld hatte die B-Mannschaft das vermeintliche Stammpersonal mit 5:3 besiegt und sich damit ebenfalls für einen Platz im Aufgebot für das erste WM-Spiel gegen Australien am Sonntag in Durban (20.30 Uhr) empfohlen.

Auf den Rängen sahen knapp 3000 Menschen, wie Bayern Münchens Thomas Müller im Gegensatz zu Piotr Trochowski nur in der B-Elf spielte, dafür aber gleich zweimal ins Tor traf (dazu noch Cacau, Marin und Gomez). In der Verteidigung setzte sich der positive Trend bei Holger Badstuber weiter fort, der wie schon gegen Bosnien-Herzegowina auf der linken Seite aufgeboten wurde. Jerome Boateng scheint zumindest zum Auftakt nur die Bank zu bleiben.

DFB-TROSS IN SÜDAFRIKA

Für seine öffentliche Trainingseinheit, mit der der Deutsche Fußballbund gleich am Ankunftstag eine Auflage des Weltverbandes Fifa erfüllte, hatte sich der Verband mit Atteridgeville vor den Toren Pretorias einen geschichtsträchtigen Ort ausgesucht, schließlich war die Gemeinde 1939 von der Apartheid-Regierung für schwarze Menschen gegründet worden. Heute beheimatet das Township, das nur sechs Kilometer vom Mannschaftshotel entfernt liegt, rund 250 000 Einwohner

Dass nur ein Bruchteil dieser Menschen gestern Nachmittag den Weg zu den Deutschen fand, war enttäuschend. Offensichtlich schafften es die lokalen Organisatoren nicht, die kostenlosen Tickets, ohne die man nicht ins Stadion durfte, unter die Leute zu bringen. Hätte die deutsche Botschaft von Pretoria nicht exzellente Arbeit geleistet, nicht 1000 Karten an deutschstämmige Jugendliche in Pretoria und 400 aus Johannesburg abgesetzt und auch nicht den Transport mit Bussen organisiert, wäre das Showtraining im riesigen Rund bei abkühlenden Temperaturen eine traurige Veranstaltung geworden. Dabei hatte sich Löw gewünscht: "Wir wollen bei den Gastgebern Sympathien wecken und sie hinter uns bringen."

Als der Bus der deutschen Nationalmannschaft um 9.18 Uhr am Morgen nach der 70 Kilometer kurzen Fahrt vom Flughafen Johannesburg ins Mannschaftsquartier Velmore Grande eingebogen war, hatte die Sonne das Thermometer schon auf fast 20 Grad getrieben. Um die Spieler auch von innen zu erwärmen, standen mehr als 1000 Fähnchen schwenkende Schulkinder als Willkommensgruß Spalier, die nett klingende "Dschörmeni, Dschörmeni"-Gesänge anstimmten.

Die Fußballer reagierten überrascht bis passiv auf den herzlichen Empfang in der Einöde, mehr als ein müdes Winken war nicht drin. Nach einigen Sekunden blickten die Kinder nur auffliegendem Staub der Hinterräder hinterher. Vielleicht wollte der DFB nach den vielen Querelen um fehlende Genehmigungen ja auch nur schnell einchecken, bevor die nächste Auflage fällig wäre ... Laut wurde es noch einmal, als das Hotelpersonal die Spieler mit Vuvuzela-Klängen und Gesängen willkommen hieß. Immerhin, Bundestrainer Joachim Löw zeigte sich beeindruckt: "Das war ein großartiger Empfang. Es hat sofort gezeigt, mit welcher Freude und Begeisterung die Südafrikaner die WM erwarten und dass sie alles für ihre Gäste aus aller Welt tun werden."

Schlapp hätten die DFB-Kicker nach dem gut zehnstündigen Jungfernflug mit dem neuen Airbus 380 eigentlich nicht sein dürfen. In der Businessklasse konnten sich Trainerstab und Mannschaft auf bis zu zwei Meter langen Schlafsitzen entspannen und vor dem Einschlummern ein Drei-Gänge-Menü von Sternekoch Holger Stromberg genießen, wahlweise mit "Rolo vom Landhuhn" oder auf der Haut gebratenem Zander.

Als kleines Schmankerl hatte der prominenteste Gast des Fliegers über die Lautsprecher noch ein paar nette Grußworte geschickt: "Ihr habt ein tolles Team, ich wünsche euch beim Turnier viel Erfolg", säuselte Pop-Queen Shakira, die am Freitag vor dem ersten WM-Spiel zwischen Südafrika und Mexiko den offiziellen WM-Song "Waka Waka (This time for Africa)" singen wird, bevor sie sich in die erste Klasse zurückzog. Spätestens danach hatten alle ihr längst vergeben, dass sie den Abflug um einige Minuten verschob, weil ihr Privatjet zu spät in Frankfurt gelandet war. Für Entertainment der fast 500 Gäste sorgten aber auch die Spieler selbst. Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger und Stefan Kießling meldeten sich während des Fluges per Video zu Maßnahmen an Bord und spaßigen Anweisungen zu Wort ("Bitte umgehend das Spiel über die Flügel einstellen").

Da wollte auch Jürgen Raps nicht fehlen: "Wir würden uns freuen, wenn wir Sie am 12. Juli wieder mit diesem Flugzeug abholen könnten - als Weltmeister. Also Jungs, reißt euch zusammen!", übermittelte der Chefpilot der Lufthansa kurz vor der Landung auf dem O.R. Tambo Airport um 7.12 Uhr seinen klaren Auftrag, der aber nicht vom Anspruch beim DFB abweicht. "Die vielen Verletzten sind abgehakt, alle haben ein großes Ziel und zeigen großes Engagement", sagte Löw. Passend ziert der Schriftzug "Auf dem Weg zum Cup! - "On the road to get the cup" den offiziellen Mannschaftsbus.

Ob dabei auch Miroslav Klose mithelfen darf, ist noch offen, aber wahrscheinlich. Der Bayern-Profi spielte gestern im A-Team und durfte sich mit zwei Toren (dazu traf Özil) etwas Selbstvertrauen holen und sich außerdem einen Eindruck verschaffen, wie laut Vuvuzelas sein können, auch wenn nur 3000 Menschen im Stadion sind.