Johannesburg. Der Schiedsrichter pfeift in Badelatschen. Auf dem Weg zum Training im Ruimsig-Stadion fährt der Mannschaftsbus Australiens an einem Dorfplatz vorbei, und die Spieler schauen aus den Fenstern dem Spiel südafrikanischer Hobbyteams zu. Der lustige Unparteiische, Tore ohne Netze und ein Platz, der einem Acker gleicht - die "Socceroos" konnten in den ersten Tagen darüber schmunzeln. Inzwischen nicht mehr. Ihr Trainingsplatz war zuletzt kaum besser. "Schon nach unserer ersten Einheit war der Rasen in sehr schlechtem Zustand", ärgert sich Trainer Pim Verbeek.

Australien stellte sogar einen Antrag beim Fußball-Weltverband (Fifa), um den Platz wechseln zu dürfen. Nach einem Training in einem College kehrte die Mannschaft ins Stadion zurück. "Die Leute hier haben gute Arbeit geleistet und den Platz repariert", sagte Verbeek. Vor dem Grün steht nun ein großes Schild, das für jeden Nicht-Spieler gilt: "Betreten Sie nicht den Rasen."

Wie lange der Platz bespielbar bleibt, weiß niemand. Dabei haben die Australier schon genug Probleme. Vor ihrem ersten Spiel gegen Deutschland in Durban am Sonntag (20.30 Uhr) geht so ziemlich alles schief. Den letzten Test vor der WM verloren sie am Wochenende gegen die USA (1:3). In dieser Partie wurde Mittelfeldstar Tim Cahill vom FC Everton von einem "Flatterball" am Kopf getroffen. Er klagte daraufhin über so starke Nackenschmerzen, dass ihn ein Betreuer ins Krankenhaus bringen musste. Cahill trainiert inzwischen wieder, wird aber noch geschont.

Verbeek will kein Risiko eingehen. In Brett Emerton von den Blackburn Rovers und Harry Kewell von Galatasaray Istanbul fehlten ihm zuletzt schon zwei wichtige Spieler verletzt. Kewell spielt seit 1996 für die Nationalmannschaft. Sein Ausfall wäre mit dem Michael Ballacks bei Deutschland zu vergleichen. Beim öffentlichen Training konnte er nach Leistenproblemen immerhin laufen und leichte Ballarbeit absolvieren. "Der Trainer entscheidet, ob ich gegen Deutschland dabei bin", sagt Kewell. Er habe hart mit den Physiotherapeuten und Konditionstrainern gearbeitet und genieße es sehr, wieder mit den Kollegen üben zu können.

Er und seine Kollegen verweisen in diesen Tagen immer wieder auf den starken Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft. Diesen benötigen sie dringend, denn eine schlimme Nachricht aus der Familie des dritten Torwarts Bradley Jones vom FC Middlesbrough erschüttert die Spieler. Der 28-Jährige verließ das australische Lager, weil er erfuhr, dass ein Familienmitglied "schwer erkrankt ist", wie Verbeek sagt. Bei seinem vier Jahre alten Sohn Luca soll Leukämie diagnostiziert worden sein. Als Verbeek vor den Medien über die Abreise Jones' sprach, trieb es dem Pressesprecher Tränen in die Augen. "Das ist eine sehr ernste Angelegenheit, die größer ist als die WM. Jeder kann sich vorstellen, dass ein Spieler nicht einfach so ein paar Tage vor Turnierbeginn abreist", sagt Verbeek.

Der Trainer hatte am Wochenende erstmals mit der Mannschaft über den Vorfall gesprochen. Man war sich sofort einig, dass Jones abreisen darf. "Plötzlich ist Fußball völlig irrelevant. Wir sehen uns als Familie und sind in Gedanken bei Brad", sagte Kapitän Lucas Neill von Galatasaray Istanbul. "Wir machen trotzdem weiter", sagt Verbeek. Sein Team fliege nach Durban, um gegen Deutschland ein "großes Spiel" zu machen. "Die Mannschaft wird auch für Brad spielen", sagt Neill, und Kewell betont: "Wir wollen überraschen."