Dortmund. Als Euphoriebremse begreift sich Jürgen Klopp wirklich nicht. "So hat mich noch nie einer genannt", sagte der Trainer von Borussia Dortmund und musste lachen. Ausgerechnet ihm, dem oft das Image eines Dampfplauderers angehängt und vorgeworfen worden war, zu emotional für einen seriösen Bundesligatrainer aufzutreten, wird nun tatsächlich unterstellt, die Chancen seiner Mannschaft unnötig kleinzureden.

Doch derzeit tut der 42-Jährige wirklich alles dafür, diesen Eindruck zu erwecken. "Die Champions League ist kein Ziel, das wir vor Augen haben", sagte Klopp nach dem 2:1 (2:0) über Werder Bremen: "Ich bin realistisch. Wir gewinnen die Spiele mit höherem Aufwand als der Gegner. Wir sind nicht Werder, der Hamburger SV und erst recht nicht Bayern München, die auch mal spielerisch etwas lösen. Wir müssen immer alles raushauen, was wir haben."

Abgesehen davon, dass zwei der drei genannten Kontrahenten in der Tabelle mit großem Abstand hinter den Dortmundern rangieren, wirkt derartige Tiefstapelei bei nur noch einem Zähler Rückstand auf den dritten Platz wenig überzeugend. Zumal sich Bayer Leverkusen, der Noch-Dritte, nach drei Niederlagen in Folge im freien Fall befindet. Es sind jedoch die Lehren aus der Vergangenheit, die Klopp veranlassen, trotz eines Laufs mit einer Ausbeute von zuletzt 13 von 15 möglichen Zählern den "Ball flach zu halten."

Denn als in der vergangenen Spielzeit die Rückkehr in das internationale Geschäft in greifbarer Nähe war, wurde sein Team am letzten Spieltag noch vom HSV abgefangen. In diesem Jahr soll sich die Geschichte nicht wiederholen. Keine Träumerei soll seine Spieler ablenken, auch kein allzu großer Druck soll die Mannschaft möglicherweise lähmen. "Wir reden nur von der Europa League", sagte auch Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der ähnlich wie Klopp in zu großer Euphorie eine Gefahr sieht: "Ich sehe unsere Punktzahl, wir haben unsere Ausgangsposition im Hinblick auf die internationalen Plätze noch optimiert."

Die Fans sehen das anders. Sie träumen nach siebenjähriger Abstinenz von der Rückkehr in die Königsklasse. Erinnerungen an die 90er-Jahre, als der BVB regelmäßig in den Stadien von Mailand, Manchester und Madrid zu Gast war und 1997 als erste deutsche Mannschaft die Champions League gewinnen konnte, beflügeln diese Fantasien.

Genau diesen Schwärmereien will Klopp entgegentreten. "Ich habe nicht das Gefühl, dass die Menschen von etwas träumen, was wir noch nicht haben", sagte er, der kommenden Sonnabend mit seinem Team in Mainz antreten muss. Ausgerechnet an seiner alten Wirkungsstätte könnte Jürgen Klopp einen entscheidenden Schritt in Richtung Champions League tun.