Frankfurt/Main. Auch nach dem Vertrauensvotum für DFB-Präsident Theo Zwanziger hält der "Sex-Skandal" den Deutschen Fußball-Bund (DFB) in Atem. Dabei gibt nun vor allem die Deutsche Fußball Liga (DFL) mit Ligaverbandspräsident Reinhard Rauball die Richtung vor. "Ich vertraue darauf, dass Herr Zwanziger ein Gespräch mit Herrn Roth sucht, ob es möglich ist, dass er sein Amt am 9. April an Herrn Fandel übergibt", sagte Rauball, der das Schiedsrichterwesen unter Roth als "Geheimbund" bezeichnet hatte.

Roth, der ursprünglich beim DFB-Bundestag im Oktober von seinem Amt zurücktreten wollte, soll auf dem Außerordentlichen Bundestag in Frankfurt am Main am 9. April nach 15 Jahren an der Spitze der Schiedsrichtergilde seinen Hut nehmen und den Weg für Herbert Fandel frei machen. Der 68-Jährige hatte Zwanziger erst verspätet über die Vorwürfe gegen Amerell informiert und soll laut Ex-Schiedsrichter Franz-Xaver Wack seit Jahren von Amerells Neigungen gewusst haben.

Wie deutlich Rauball nun den Ton diktiert, zeigt auch, dass sich die Machtverhältnisse verschoben haben. Auch bei der Neustrukturierung des in Verruf geratenen Schiedsrichterwesens wird die DFL durch Hellmut Krug vertreten sein. Die Hauptverantwortung wird aber beim Ex-Referee Fandel liegen.

Unterdessen haben Fifa-Referee Michael Kempter und die drei bislang anonymen Unparteiischen, die Amerell sexuelle Belästigung vorwerfen, den früheren Schiedsrichterbeobachter erneut attackiert. Wenn seine zuletzt viel diskutierte Bayern-Mail ("Hoffentlich fliegen sie raus") nach Amerells Verständnis auf Befangenheit hingedeutet habe, "dann hätte er sie sofort melden müssen", sagte Kempter dem "Focus".

Die anonymen Referees berichteten dem "Spiegel" von angeblich systematisch geplanten Übergriffen von Amerell zwischen 2005 und 2009. Es sei "von Küssen bis zu den Genitalien, bis zum Sich-dran-Vergehen" gegangen, sagte ein Referee. Amerell bestreitet die Vorwürfe. Kempter, der zurzeit in psychologischer Betreuung ist, darf sich Hoffnung auf eine Fortsetzung seiner Karriere machen. Zwanziger lobte einmal mehr den "Mut Kempters". "Ich will nichts verallgemeinern, aber schauen Sie, was in anderen Lebensbereichen abläuft. Da stellt man fest, dass sich die Menschen erst nach 40 Jahren melden", sagte Zwanziger.