Frankfurt/Gelsenkirchen. Die 2:3-Niederlage der Leverkusener in Nürnberg hat Felix Magath weder live vor Ort noch im Fernsehen gesehen. Der Trainer des FC Schalke 04 war mit seiner Familie unterwegs, wie immer, wenn der Dienstplan ihm einen freien Sonntagnachmittag beschert. Das Ergebnis, sagte er später, habe ihn dann doch überrascht, aber an seiner Einschätzung ändere das nichts: "Bayer bleibt für mich ein heißer Meisterschaftskandidat. Das Ende einer langen Erfolgsserie hat oft auch etwas Befreiendes."

Dass Schalke nach dem 4:1-Sieg in Frankfurt als Tabellenzweiter nun formal erster Bayern-Jäger ist, tut Magath als Momentaufnahme ab. "Wir spielen jetzt gegen Stuttgart, beim HSV, in Leverkusen und dann gegen die Bayern, also gegen die vier besten Mannschaften der Liga. Wenn wir nach diesen Begegnungen unsere Position behauptet haben, können wir uns neue Ziele setzen. Bis dahin bleibt es dabei: Wir schauen auf Platz fünf, damit wir in der nächsten Saison wieder international dabei sind."

Vergleiche mit dem VfL Wolfsburg, der unter Magaths Regie vor genau einem Jahr die Tabellenführung übernahm und Meister wurde, lässt der 56-Jährige nicht gelten: "In Wolfsburg hatten wir andere Grundlagen und mit Dzeko und Grafite den besten Angriff der Liga und mit Misimovic den besten Vorbereiter. Jetzt haben wir mit Kevin Kuranyi einen der besten Torjäger, doch das allein reicht nicht, um den Titel zu holen."

Nicht die Meisterschaft, wenigstens die Teilnahme an der Champions League und die damit verbundenen Einnahmen hält Magath für dringend erforderlich, um Schalke an der Bundesligaspitze zu etablieren. Die jetzige entwicklungsfähige Mannschaft habe zwar das Potenzial für die Plätze drei bis sechs, um aber dauerhaft in den Titelkampf eingreifen und die daraus resultierenden höheren nationalen und internationalen Belastungen verkraften zu können, "müssen wir uns noch erheblich verstärken". Das kostet Geld, das Schalke bei derzeit rund 140 Millionen Euro Verbindlichkeiten nicht hat. Der Abschied von Torjäger Kuranyi, dessen Vertrag am 30. Juni ausläuft, ist nach dem augenblicklichen Kontostand dann auch beschlossen. Der Verein muss die Ausgaben für Gehälter und Prämien senken. Kuranyi verdient rund 3,8 Millionen Euro brutto. "Wir sind derzeit nicht in der Lage, Kevin ein angemessenes Angebot zu machen", sagt Magath.

Dass Bayern-Coach Louis van Gaal ihn kürzlich als "den besten deutschen Trainer" bezeichnete, hat Magath mit Wohlgefallen registriert. Gestört haben mag ihn die Einschränkung "deutscher Trainer", andererseits weiß Magath, dass es hierzulande immer noch viele gibt, die Zweifel an seinen Methoden hegen. "Ich gehe nicht den bequemen Weg, ich fordere viel, und damit mache ich mir eben nicht nur Freunde", sagt Magath.

Seine Erfolge sprechen für ihn, das doppelte Double mit dem FC Bayern München, im Vorjahr die Meisterschaft mit Wolfsburg, jetzt die überraschend stabile Saison der jungen Schalker Mannschaft. Körperliche Fitness und taktische Disziplin sind die Basis seiner Arbeit, das systematische Erkennen und konsequente Fördern von Talenten heben ihn aus der Masse der Trainer heraus. "Wir haben genug begabte junge Spieler in Deutschland, aus denen man eine Mannschaft formen kann, die in der Bundesliga um Platz fünf spielt, also um die Teilnahme an der Europa League", sagt Magath. Dass sogar ein bisschen mehr herauskommen kann, zeigt er jetzt mit Schalke. Wie viel mehr? Magath: "Das wird sich zeigen. Die Klasse einer Meistermannschaft haben wir aber längst noch nicht."