München. Zumindest von seinem Gegenüber verabschiedete sich Bayern-Trainer Louis van Gaal ausgesprochen herzlich. Und während er Dieter Hecking ausgiebig die Hand schüttelte, gab er dem Nürnberger Trainer noch einen Wunsch mit auf den Weg: "Ich hoffe", sagte van Gaal, "dass Sie auch so gut gegen meine Konkurrenten spielen."

1:1 (0:1) trennten sich der 1. FC Nürnberg und der FC Bayern München im 180. fränkisch-bayerischen Derby. Dass die Siegesserie der Münchner nun ausgerechnet beim Tabellenvorletzten endete, versuchte Kapitän Mark van Bommel mit höherer Mathematik zu erklären. "Statistisch gesehen kam der Punktverlust natürlich immer näher", sagte der Niederländer. 13-mal in Folge hatten die Münchner zuvor gewonnen, neunmal in der Bundesliga - mit einem Erfolg in Nürnberg hätten sie einen Ligarekord aufgestellt. "Schade, wir hätten Geschichte schreiben können", bekannte van Gaal.

Aber das Verpassen der Bestmarke schien ihn nur kurzfristig zu schmerzen, ebenso wie die im Titelkampf vielleicht einmal fehlenden zwei Zähler. Vielmehr sah er die Seinen von der medialen Öffentlichkeit ungerecht eingestuft, und das brachte ihn dann doch in Rage. Von einer dürftigen Leistung sprach ein Fernsehreporter und fragte van Gaal nach den Gründen. Das war zu viel für den Niederländer. "Das ist unglaublich, dass Sie das sagen. Sie können nicht sagen, dass wir schlecht gespielt haben. Das kann nicht wahr sein", polterte er los. "Ich denke, dass dies eines unserer besten Spiele in dieser Saison war. Es war von uns ein schönes Positionsspiel mit vielen Chancen. Wir haben nur kein zweites Tor gemacht." Das könne nun mal im Fußball passieren, sagte er noch. "Wir sind Menschen und keine Roboter."

Van Gaal ist kein Mann des diplomatischen Wortes, das war er noch nie. Erst recht nicht in den Minuten nach einer Partie. Den wenigsten Journalisten räumt er fälschlicherweise gehobenen fußballerischen Sachverstand ein. Und so boten sich am Sonnabendnachmittag Szenen mit hohem Unterhaltungswert, weil van Gaal in solchen Momenten auch jede Kamera herzlich egal ist. Der Niederländer ist ein Fußballlehrer mit Diplom und ständiger Weiterbildung. Das betont er gern, ebenso wie seine stattliche Anzahl an Jahren, die er mittlerweile im Geschäft ist.

Er misst die Leistungen seiner Spieler nicht nur am bloßen Resultat, sondern, wie er sagt, auch "an der Ausführung". Das Ergebnis habe ihm natürlich nicht gefallen, aber die Spielweise seiner Mannschaft hatte er in Nürnberg gar für besser befunden als noch wenige Tage zuvor beim 2:1 im Achtelfinalhinspiel der Champions League gegen den AC Florenz. "Aber da haben wir gewonnen, und da sagt man nichts." Mehr Passgenauigkeit etwa hatte er an jenem Nachmittag erkannt. Das Gegentor empfanden die Bayern jedenfalls als "Schlag ins Gesicht, da kam bei uns ein Fehler zum anderen", wie Stürmer Mario Gomez ausführte. Von einem "ärgerlichen Remis" sprachen sie auch. "Wir hätten einen Riesenschritt machen können", klagte Torhüter Hans-Jörg Butt.

Am Sonntag empfangen die Bayern nun zum Spitzenspiel den HSV. Ende September kassierten sie gegen die Norddeutschen die bislang letzte Bundesliganiederlage. Was sie nun zu tun gedenken, wurde Ivica Olic gefragt. "Wir müssen eben wieder eine Serie starten", antwortete er. Das würde auch van Gaal die eine oder andere ungeliebte Frage ersparen.