Frankfurt/Main. Der "Fall Manfred Amerell" gewinnt immer mehr an Schärfe. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) sieht nach Fertigstellung des Abschlussberichts eine klare Beweislast gegen den früheren Schiedsrichter-Sprecher und hat bereits erste Konsequenzen gezogen. "In Summe aller vorliegenden Erkenntnisse steht aus Sicht des DFB fest, dass Herr Amerell seine Pflichten als Mitglied des Schiedsrichterausschusses klar verletzt hat", heißt es in einer DFB-Pressemitteilung.

Unterdessen hat Amerell über seinen Anwalt Jürgen Langer schwere Vorwürfe gegen den DFB erhoben. Demnach verweigere ihm der DFB die Akteneinsicht. Das Amerell-Lager habe aus diesem Grund das DFB-Sportgericht angerufen, um die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Akteneinsicht überprüfen zu lassen.

Der DFB bezog am Dienstagabend in aller Deutlichkeit Stellung. Der Verband teilte mit, dass es sich bei den Vorwürfen gegen Amerell, der im Zuge der Anschuldigungen seine Ämter niedergelegt hatte, nicht um einen Einzelfall handeln soll: "Unabhängig voneinander haben mehrere Personen in den Anhörungen zu Protokoll gegeben, von Herrn Amerell in der Vergangenheit bedrängt und oder belästigt worden zu sein."

Dass die Betroffenen diese Übergriffe so lange Zeit nicht gemeldet hätten, "begründeten sie übereinstimmend mit der latent vorhandenen Angst vor privaten oder beruflichen Nachteilen, die sich vor allem auf die weitere Entwicklung ihrer Laufbahn als Schiedsrichter bezogen", heißt es in der DFB-Erklärung weiter. Ob strafrechtliche Schritte eingeleitet werden, liege in der Entscheidung der Betroffenen.

Referee Michael Kempter hatte am 17. Dezember die Vorwürfe gegen Amerell an Schiedsrichter-Boss Roth herangetragen. Daraufhin war der Fall ins Rollen gekommen.

Unter Führung von Justiziar Jörg Englisch hatte der DFB einen Abschlussbericht erstellen lassen, der am Montag DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger sowie Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball übergeben worden war. Daraus zieht der DFB erste Konsequenzen. Die bisherigen Strukturen im Schiedsrichterwesen sollen durch eine eingesetzte Kommission, der auch Schiedsrichter Herbert Fandel angehört, einer kritischen Prüfung unterzogen und konkrete Vorschläge zu einer Neustrukturierung erarbeitet werden.