Abendblatt-Redakteur Dirk Steinbach analysiert die bedrohliche Lage bei Hannover 96.

Es ist vielleicht schon der berühmte letzte Strohhalm, den Hannover 96 nach der 1:5-Pleite vom Sonnabend gegen Werder Bremen ergreift: Die Niedersachsen suchen im Abstiegskampf die Hilfe eines Sportpsychologen. Und dieser Mann, Dr. Andreas Marlovits, hat einen besonders schweren Fall vor sich. Seit dem Selbstmord von Robert Enke im November haben die "Roten" kein Spiel mehr gewonnen, die letzten sieben Partien verloren. Auch der Trainerwechsel vor drei Wochen von Andreas Bergmann zu Mirko Slomka ist bislang völlig wirkungslos verpufft. Der in Köln lebende Österreicher Marlovits soll nun in Gesprächen mit den Spielern versuchen, Ursachen für die sportliche Krise herauszufinden.

Eines steht schon jetzt fest: Die Geschehnisse um Enke allein sind nicht der Auslöser für die Misere, psychologische Gründe ebenfalls nicht. Schon vor dem tragischen Tag im Herbst 2009 war Hannover ein Kellerklub, auch wenn die faktische Tabellensituation damals darüber hinwegtäuschte. Mit einer ausgeglichenen Bilanz von vier Siegen, vier Unentschieden und vier Niederlagen rangierte das Team auf Rang zehn. Nicht nur beim 2:2 gegen den HSV, dem letzten Spiel mit Robert Enke, hatten die Niedersachsen aber gepunktet, obwohl sie eigentlich die nötige Klasse vermissen ließen. Hannover war und ist qualitativ einfach nicht besser als Bochum, Freiburg oder Nürnberg und findet sich nun zu Recht in deren Kreis wieder. Torwart Enke hätte nur den Unterschied im Kampf um den Klassenerhalt machen können.