Manager Allofs kritisiert “katastrophale Defensive“. Stürmer Wagner kommt vom MSV Duisburg.

Bremen. Die Sorgenfalten gruben sich in tiefen Furchen in das Gesicht von Werder Bremens Trainer Thomas Schaaf. Der 48-Jährige stand am Sonntagvormittag am Rande des Trainingsplatzes auf dem vereisten Parkplatz am Weserstadion und versuchte die Krise seines Klubs in Worte zu fassen. Sein Team verlor am Vortag nach einer desolaten Leistung mit 3:4 (2:4) bei Borussia Mönchengladbach - es war die fünfte Niederlage in Folge. Seit sieben Partien ist der Pokalsieger mittlerweile schon ohne Sieg. Er stellte damit den bisherigen Negativ-Rekord aus dem Jahr 1998 ein; damals noch unter Coach Wolfgang Sidka. Für Schaaf ist indes noch schlimmer, dass die Mannschaft seinen Vorgaben nicht mehr zu folgen scheint.

Wie Anfänger ließen sich die Norddeutschen in Gladbach auseinander nehmen, denn schon nach 18 Minuten führte die Borussia nach Toren von Marco Reus (4.), Roberto Colautti (13.) sowie Raul Bobadilla (18.) mit 3:0. Die Anschluss-Treffer durch Mesut Özil (26.), Claudio Pizarro (40.) und Torsten Frings (85.) kamen jeweils zu spät, weil Boballia mit seinem zweiten Tor in der 35. Minute mit dem zwischenzeitlichen 4:1 für die Entscheidung sorgte. Die heillos überforderte Abwehr um Nationalspieler Per Mertesacker kollabierte kollektiv. "Wir haben in der Woche gut gearbeitet", rang Schaaf nach einer Erklärung. "Aber vielleicht hat das die Mannschaft gehemmt - ich weiß es nicht."

Ähnlich konsterniert äußerten sich die Spieler, wenn sie überhaupt sprachen. So verpasste sich der sonst stets laute Kapitän Torsten Frings am Sonntagmittag selbst einen Maulkorb und Angreifer Claudio Pizarro huschte nur kurz angebunden in die Kabine. "Ich habe für unsere Leistung keine Erklärung", stammelte der Peruaner. Dabei hatte Schaaf das Training deutlich verschärft und in einer zweistündigen DVD-Sitzung die Fehler aus dem 2:3 gegen den FC Bayern seziert..

"Wir haben ein katastrophales Defensiv-Verhalten, das man sonst nur von Jugendmannschaften kennt", zürnte Manager Klaus Allofs nach der neuerlichen Pleite und gab zu, dass die Ansprachen des Trainers nicht fruchteten. "Wir machen nicht die Dinge, die wir in der Woche trainieren." Konsequenzen für Schaaf, der seinen Vertrag bei Werder vor einem Monat bis zum Jahr 2013 verlängerte, schloss Allofs allerdings aus.

Dies sehen mittlerweile viele Fans anders, die sich online im offiziellen Vereins-Forum gegen Schaaf positionieren. Viele User werfen Schaaf, der bislang als unantastbar galt, taktische Mängel vor und fragen sich, ob er nach zehn Jahren als Chef-Coach in Bremen sein Team noch erreicht. Ein eventueller Missstand, den der gerade in die Türkei gewechselte Mittelfeldmann Jurica Vranjes vor einigen Tagen anprangerte. Der Kroate bescheinigte Schaaf zwar, "dass es sportlich der beste Trainer war, den ich je hatte, aber menschlich und psychologisch war eine Katastrophe". Ähnlich sieht es auch Werders linker Außenverteidiger Dusko Tosic, der den Coach vor drei Wochen in einem Interview als "hinterlistig und dickköpfig" abkanzelte.

Dass der Kader in der Winterpause nicht ausreichend verstärkt wurde, treibt einige Akteure zusätzlich um. Mit dem tunesischen Verteidiger Aymen Abdennour kam nur ein neuer Spieler, obwohl auch dringend ein Stürmer benötigt wird, der den zuletzt oft verletzten Claudio Pizarro ersetzt. Zwar kritisiert niemand offen die Transferpolitik, aber Nationalkicker Aaron Hunt bestätigt der "Welt": "Ich wundere mich schon, dass da nicht mehr passiert ist. Man sieht doch, was uns an Qualität fehlt, wenn ein Spieler wie Pizarro ausfällt."

Immerhin: Unmittelbar vor Transferschluss handelten die Bremer doch noch. Allofs bestätigte die Verpflichtung des Stürmers Sandro Wagner (22) vom Zweitligisten MSV Duisburg. Der U-21-Europameister unterschrieb einen Vertrag bis 2014. Wagner laboriert noch an einem Kreuzbandriss und wird erst im Verlauf der Rückrunde einsatzbereit sein. Im Gegenzug leiht Werder Dusko Tosic (bislang im Werder-Kader) und Kevin Schindler (bisher an den FC Augsburg ausgeliehen) an die "Zebras" aus.