“Warum all dieses Morden?“, fragt Togos Kapitän. Gastgeber wiegeln ab, DFB-Offizielle fordern Konsequenzen.

Lomé/Cabinda. Es waren bewegende Szenen, die sich auf dem Tokoin-Flughafen von Lomé abspielten. Tausende warteten auf die Rückkehr der "Sperber", der Fußball-Nationalspieler Togos, die nach dem tödlichen Terroranschlag in Cabinda zu nationalen Helden aufgestiegen sind. Gespenstische Stille herrschte, als zwei mit den grün-gelb-roten Nationalflaggen bedeckte Särge der ermordeten Teammitglieder über das Rollfeld getragen wurden.

Viele Menschen weinten, als Togos Ministerpräsident Gilbert Houngbo den Opfern die Ehre erwies und von einem "traurigen Tag und einer Schande für Afrikas Fußball" sprach. Der Regierungschef, der drei Tage Staatstrauer angeordnet hatte, wies gestern auch Meldungen zurück, das Team seines Landes könne nach einer angemessenen Trauerzeit zum Afrika-Cup in Angola zurückkehren. Er kritisierte die Veranstalter: "Die Show musste weitergehen. An uns denkt niemand."

Die Flaggen sind im ganzen Land auf Halbmast gesetzt. "Die Menschen befinden sich in einem Schockzustand", berichtete BBC-Korrespondent Ebow Godwin. "Sie müssen erst noch verarbeiten, was in Cabinda geschehen ist." Emmanuel Adebayor, Togos Mannschaftskapitän, war auch drei Tage nach dem Feuerüberfall fassungslos. "Ich bin am Boden zerstört", sagte der Spieler von Manchester City gegenüber "Sky sports". "Warum wir, warum Afrika, warum all dieses Morden?" Allenfalls die Nachricht, dass der schwer verletzte Torhüter Kodjovi Obilale nach einer Operation außer Lebensgefahr ist, linderte den Schmerz.

Und dann wurde Togos Mannschaft nach ihrer Abreise sogar noch vom Afrikanischen Fußball-Verband CAF disqualifiziert - weil sie gestern zum ersten Gruppenspiel gegen Ghana in Cabinda nicht angetreten ist. In der Gruppe B spielen übrigens auch die Teams der HSV-Profis Guy Demel (Elfenbeinküste) und Jonathan Pitroipa (Burkina Faso; siehe Text unten).

Die Gastgeber des Turniers in Angola versuchen derweil zur Tagesordnung überzugehen. "Es gibt keinen Grund, Angst zu haben", behauptete Angolas Präsident Jose Eduardo dos Santos. Zwei Angehörige der Rebellenorganisation FLEC seien als dringend tatverdächtig festgenommen worden. Südafrikas Präsident Jacob Zuma, der um das Image der Weltmeisterschaft im Sommer in seinem Land fürchtet, wiegelte ebenfalls ab: "Die Bedeutung dieses Angriffs sollte nicht übertrieben werden."

Das sehen die Verantwortlichen des deutschen Fußballs anders. Reinhard Rauball, Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL), forderte ernsthafte Konsequenzen. "Wir können es nicht bei dem Satz bewenden lassen: Südafrika ist etwas anderes als Angola", sagte er gestern in Frankfurt am Main. "Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir Sicherheitsfragen in den Griff bekommen." Auch Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), warnte davor, das Geschehen zu verharmlosen: "Man muss das sehr ernst nehmen." Der DFB werde zur WM "alles Erdenkliche" für die Sicherheit von Spielern und Betreuern unternehmen. DFB-Schatzmeister Horst R. Schmidt, der Südafrika berät, warb derweil erneut für den Standort am Kap: "Die Lage ist von polizeilicher Seite absolut vertretbar", sagte er der "Frankfurter Rundschau".

Die Bundesligavereine machen sich zwar Sorgen um ihre 19 abgestellten Profis. Doch eingreifen können sie nicht. "Es gibt eine Abstellungspflicht", sagt HSV-Trainer Bruno Labbadia. So lange diese Regel gelte, habe der Verein keine Chance, seine Spieler zurückzuholen.