Wer Bruno Labbadia in diesen Tagen fragt, wie er sein erstes halbes Jahr in Hamburg bewertet, bekommt als Antwort häufig nur ein Wort: "intensiv". Intensive Monate seien es gewesen, seit er Anfang Juli das Ruder beim HSV übernommen hat. Zunächst der Schock über die vorzeitige Demission Dietmar Beiersdorfers, dann der überraschend gute Saisonstart, das anschließende dramatische Verletzungspech, die folgenden schmerzhaften Misserfolge und schließlich das versöhnliche Hinrundenende. Alles in allem klingt Labbadia zufrieden, wenn er kurz vor Weihnachten über das Vergangene spricht und von der Vorfreude berichtet, die Feiertage im Kreise seiner Familie ruhig und besinnlich zu verbringen.

Wirklich viel Zeit zum Durchatmen bleibt dem HSV-Trainer zwischen den Jahren allerdings nicht - nach der intensiven Hinrunde beginnt am 2. Januar bereits die Vorbereitung auf die mit Sicherheit nicht weniger intensive Rückrunde. Und will Labbadia ähnlich zufrieden nach der Saison auf sein erstes Jahr in Hamburg zurückblicken wie er es derzeit tut, müssen die Verantwortlichen nach Weihnachten noch einige Punkte seines Wunschzettels abarbeiten. Ganz oben auf Labbadias Liste dürften da zwei Wünsche stehen, die bis zum Rückrundenauftakt am 16. Januar gegen den SC Freiburg erfüllt werden sollten: 1. ein neuer Stürmer, und 2. ein neuer Sportchef.

In der Zeit rund um den Heiligen Abend haben Weihnachtsmärchen bekanntlich Hochkonjunktur, aber wie gut Labbadias Team die Ausfälle in der Offensivabteilung über Wochen verkraftet hat, grenzt schon beinahe an ein Wunder. Auch ohne Paolo Guerrero (Kreuzbandriss) und Mladen Petric, der rechtzeitig kurz vor den Feiertagen seinen Bänderriss auskurieren konnte, erzielte Labbadias Mannschaft sensationelle 34 Tore. Trotzdem ist ein neuer Qualitätsstürmer für den weiteren Saisonverlauf ohne Alternative, da das Prinzip "Durchwurschteln" für einige Spiele aufgehen kann, nicht aber für eine komplette Rückrunde.

Langfristig ist die Verpflichtung eines neuen Managers aber noch wichtiger als die eines neuen Torjägers. Will der HSV seine Entwicklung zu einem Topklub der Bundesliga und in Europa fortsetzen, braucht der Verein einen Denker und Lenker, der die erstklassige Arbeit Beiersdorfers fortsetzt. Dabei gilt das gleiche wie bei der Stürmersuche: Kurzfristig kann ein Sportchef im Team (Labbadia, Bernd Hoffmann, Katja Kraus) ersetzt werden, langfristig muss eine Lösung gefunden werden. Aufsichtsrat und Vorstand haben es nun in der Hand, wie intensiv die Rückrunde für Labbadia wird.