Löw fordert Konzentration gegen die Elfenbeinküste. Kießling rückt in die Startelf.

Düsseldorf/Hamburg. Um 10.30 Uhr rollte wieder der Ball. Joachim Löw hatte seine Spieler in der geschlossenen Düsseldorfer Arena versammelt und sprach einige Minuten. Ein, zwei Klatscher in die Hände, dann begann das übliche Aufwärmprogramm. Professionell-ruhig, aber so ist die Stimmung eigentlich fast immer, wenn die Fußballer ihre Runden drehen.

Gut zwei Stunden später wird auch wieder über Fußball gesprochen. Joachim Löw ist in die Niederlassung von Sponsor Mercedes-Benz gekommen, wo der Deutsche Fußball-Bund (DFB) immer in Düsseldorf seine Pressekonferenzen abhält.

Der Bundestrainer spricht darüber, dass der Leverkusener Stefan Kießling am Mittwoch in Gelsenkirchen beim Länderspiel gegen die Elfenbeinküste (20.45 Uhr, ARD live) wohl in der Startelf stehen wird: "Er hat in den vergangenen Wochen herausragende Leistungen gezeigt." Und er teilt mit, dass Michael Ballack wegen Beschwerden in der Kniefalte nicht auflaufen wird. Das reizvolle Duell gegen seinen Klubkollegen Didier Drogba fällt somit aus.

Löw wirkt bei seinem ersten öffentlichen Auftritt seit dem Freitod von Robert Enke nachdenklich, aber gefasst. Wie es seine Art ist, hat sich der 49-Jährige detailliert vorbereitet. Er würdigt noch einmal den Wert des Verstorbenen als Mensch und erwähnt, dass er sich schon gefragt habe, ob und wie man das alles hätte vermeiden können. Auch mit Enkes Vater Dirk habe er sich am Sonnabend intensiv telefonisch ausgetauscht. Am Ende kam Löw zu dem Schluss: "Wir hatten keine Chance. Ich denke, wir dürfen uns keine Vorwürfe machen."

Auf dem Weg zurück in die Normalität will der Trainer- und Betreuerstab die Spieler nun dabei unterstützen, den üblichen Rhythmus aufzunehmen. Besondere Verhaltensregeln, Abläufe oder Maßnahmen sind nicht geplant. "Ob wir in der Lage sein werden, eine außergewöhnliche Leistung zu zeigen, kann ich noch nicht beantworten, aber ich kann versprechen, dass wir alles tun, um uns möglichst gut auf dieses Spiel zu konzentrieren." Natürlich werden beim 825. Länderspiel in der DFB-Geschichte die Gedanken bei Enke sein. Auf der Ersatzbank des DFB wird sein Trikot einen Ehrenplatz einnehmen.

Löw hat die letzten Tage auch genutzt, um seine Werte zu überprüfen. Er spricht davon, dass es an der Zeit sei, mehr Mut für Menschlichkeit zu zeigen und diese intensiv in der Gemeinschaft voranzutreiben, ob es die Familie, den Bekanntenkreis oder eben eine Fußballmannschaft betrifft. "Man muss in der Lage sein, aufeinander zu achten und aufzupassen, Schwäche zu tolerieren, Fehler zu verzeihen und nicht vorschnell über jemanden zu urteilen, wenn dieser eine Schwäche zeigt."

Doch er weiß, dass gerade sein Bereich auch in Zukunft von enormem Leistungsdruck geprägt sein wird, vom Verdrängungswettbewerb. "Spitzenleistungen zu verlangen, dieser Konkurrenzkampf um die Plätze, das wird auch weiter so sein, das ist unser Beruf."

Hilfestellung im DFB-Team liefert seit 2004 der Sportpsychologe Hans-Dieter Hermann. "Anfangs wurden wir dafür belächelt. Aber es ist enorm wichtig, gerade für junge Spieler. Beim DFB wird seit einiger Zeit auch die Jugendmannschaft von einem Psychologen begleitet. Hermann ist ein sehr vertrauensvoller und verlässlicher Mann an unserer Seite, der uns allen immer wieder mit Rat und Tat zur Seite steht." Was aber nichts am Druck ändert, wie jetzt an den Aussagen von Matthias Sammer deutlich wurde: "Wir sind zu lieb und nett zu den Spielern, ich fordere eine Deutlichkeit in der Ansprache", sagte der DFB-Sportdirektor im "Kicker" nach dem enttäuschenden 1:1 der U-21-Auswahl in Nordirland.

In der Liga ist die tägliche Arbeit mit Psychologen sowieso die Ausnahme. Nur Bayern München hat den ehemaligen Profi Philipp Laux fest integriert. Der HSV hingegen bietet seinen Spielern seit zwei Jahren auf freiwilliger Basis die Zusammenarbeit mit einem Psychologen an. Die Betreuer ermutigen die Profis auch aktiv, wenn sie das Gefühl haben, dass ein Rat angebracht wäre. "Wir als Verein müssen Angebote schaffen, gerade in den vergangenen Tagen hat man viel lernen können", sagte Assistenztrainer Eddy Sözer gestern.