Den Oberkörper hatte er etwas gesenkt. Sein Blick war ganz starr. Gebannt schaute er vom Tor aus die rund 70 Meter hinüber in die andere Spielhälfte, wo der Ball lag und seit ein paar Sekunden schon gar nicht mehr das Objekt der Begierde war. Schiedsrichter Massimo Busacca hatte längst abgepfiffen.

Moskau. Die Russen haderten, die Deutschen jubelten - bis auf einen von ihnen: René Adler. Der Torhüter war noch immer so konzentriert, "dass ich gar nicht mitbekommen habe, dass Schluss war und ich ja jetzt feiern durfte".

Als der deutsche Nationaltorhüter den Abpfiff schließlich realisiert hatte, ließ auch er seinem Jubel freien Lauf. Er rannte von einem Kollegen zum anderen, riss sich das Shirt vom Leib und warf es in die Menge der 2000 mitgereisten deutschen Anhänger. Adler wurde überschwänglich gefeiert. Wenn es einen deutschen Spieler an diesem Abend gab, der ein Extra-Lob verdient hatte, dann war es der 24-Jährige aus Leverkusen. Mit grandiosen Rettungstaten war Adler ein Garant für den Sieg von Moskau und sammelte so ganz nebenbei noch Punkte im Kampf um die Nummer eins im deutschen Tor. Torwarttrainer Andreas Köpke sprach von einem "überragenden" Spiel Adlers, Bundestrainer Joachim Löw von "zwei, drei unglaublich guten Paraden" und Kapitän Michael Ballack von einem sensationell gut aufgelegten Torhüter.

Es war die 15. Minute, als Adler erstmals nachhaltig in Erscheinung getreten war und gegen den frei vor ihm stehenden Wladimir Bytrow gerettet hatte. Später beschrieb er die Szene als eine, die man bräuchte, um richtig in so ein Spiel hinein zu kommen. Kurz nach dem Seitenwechsel rettete er dann gleich zweimal in Folge gegen Andrej Arschawin (54., 55.). "Danach wusste ich mit Blick auf die Russen: Heut' kriegt ihr keinen rein", sagte Adler später, als er über "das emotionalste Spiel meiner Karriere" sprach. Akribisch hatte er sich auf die Partie vorbereitet. Sowohl sportlich als auch mental. "Ich mache keinen Hehl daraus, dass die Psychologie auch ein wichtiger Bestandteil meiner Trainingsarbeit ist", sagte Adler, der schon im Hinspiel (2:1), bei seinem Debüt im Nationalteam, glänzend gespielt hatte. "Es war das große Glück für Deutschland und unser großes Pech, dass dieser Keeper wieder im Tor stand", sagte der frühere russische Nationaltorhüter Stanislaw Tschertschessow, der Adler für den besten deutschen Keeper hält. "Er hat diesen Tunnelblick wie Jens Lehmann, ist immer fokussiert", sagte der 46-Jährige und ergänzte: "Eine Diskussion um die Nummer eins dürfte es in Deutschland eigentlich nicht mehr geben."