Die deutschen Fußballerinnen haben auch den zweiten „Elch-Test“ gegen Norwegen bestanden. Im Finale spielen sie gegen England.

Helsinki. Der Trophäenschrank ist schon zum Bersten gefüllt, doch der Erfolgshunger der deutschen Fußballerinnen ist auch vor dem siebten EM-Finale nicht gestillt. „Wir geben immer unser Bestes, solange das Spiel dauert, bis zur letzten Sekunde“, betonte Silvia Neid vor dem Endspiel der 10. Fußball-Europameisterschaft an diesem Donnerstag (18.00 Uhr/ZDF und Eurosport) in Helsinki gegen England. Vor dem Griff nach der europäischen Krone gab sich die DFB-Trainerin locker und selbstbewusst: „Wir sind im Finale, das wollen wir gewinnen. Aber dafür brauchen wir eine gute Tagesform.“

Dass es die Engländerinnen, die bei der ersten EM 1984 in zwei Endspielen gegen Schweden den Kürzeren zogen, in Finnland nach langer Durststrecke bis ins Finale geschafft haben, ist für Neid keine Überraschung. „Sie haben sich in den letzten Jahren gesteigert und gehören jetzt zur europäischen Spitze. Das haben sie hier bestätigt“, erklärte die 45-Jährige, die in den 80er und 90er Jahren selbst häufig gegen England und deren heutige Trainerin Hope Powell gespielt hat. Stärken und Schwächen des Gegners hat der DFB-Trainerstab wie immer genau studiert und analysiert. „England verfügt über schnelle und quirlige Spielerinnen. Sie haben eine starke Offensive, aber auch eine robuste Defensive“, erläuterte Neid.

Gleichwohl ist „Edelfan“ Theo Zwanziger, der am Tag nach dem WM- Qualifikationsspiel der Männer gegen Aserbaidschan von Hannover in die finnische Hauptstadt düsen wollte („Ich sammle kräftig Meilen“), vom Gewinn des siebten EM-Titels nahezu überzeugt. „Bei allem Respekt vor England, aber unsere Frauen werden den Sack zumachen.“ Neben dem DFB-Präsidenten hat sich weitere Prominenz aus Politik und Sport angesagt: Bundespräsident Horst Köhler gehört ebenso zu den Ehrengästen wie Innenminister Wolfgang Schäuble und der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Bach. Die DFB-Elf von Joachim Löw schickte ein Fax mit den besten Wünschen.

Die deutschen Spielerinnen strotzen vor Selbstbewusstsein, zumal sie gegen die „Three Lions“ in 18 Länderspielen (16 Siege) noch nie verloren haben. Die Vorfreude nach der tollen zweiten Hälfte im Halbfinale gegen Norwegen (3:1) ist bei allen groß. „Wir können jeden Gegner schlagen“, betonte Kerstin Garefrekes, bei der die Anspannung allmählich steigt.“ Geburtstagskind Saskia Bartusiak, die am Mittwoch 27 Jahre alte wurde und erneut die verletzte Ariane Hingst als Innenverteidigerin ersetzen wird, versprach: „Ich versuche, mein bestes zu geben und Arie gut zu vertreten.“

Neid wird voraussichtlich mit der selben Elf wie gegen Norwegen starten, denn der Einsatz von Linda Bresonik steht trotz einer Kapselverletzung außer Frage. Bereits am Dienstag konnte die Duisburgerin ein Lauftraining ohne große Beschwerden bestreiten. Die 25-jährige Kreativkraft wird mit einem Tapeverband spielen. „Alle sind fit, auch Linda hat kaum Probleme und trainiert mit“, so Neid.

Sollten die deutschen Damen auch ihr 26. EM-Spiel hintereinander nicht verlieren und den fünften Titel in Serie holen, könnte sich jede Akteurin über eine DFB-Prämie von 12 000 Euro freuen, im Fall der Niederlage blieben immerhin 10 000 Euro. Doch die finanzielle Entlohnung ist für den sechsmaligen Europameister und zweimaligen Weltmeister eher Nebensache. „Allein der Titel zählt“ – auch für Inka Grings, die beim zweiten EM-Turnier hintereinander die Torjägerkrone einheimsen könnte. Die 30-jährige Duisburgerin führt mit vier Treffern, spürt aber den Atem der Engländerin Eniola Aluka und der eigenen Teamkollegin Fatmire Bajramaj (je 3 Tore) im Nacken. „Das wäre natürlich das I-Tüpfelchen“, sagte Grings.

Englands Teammanagerin Powell kann wohl wieder auf Spielführerin und Abwehrchefin Faye White bauen. Die 31-Jährige von Arsenal London brach sich im Viertelfinale gegen Finnland das Jochbein, jettete kurz auf die Insel, ließ sich operieren und will gegen Deutschland wieder auflaufen. „Es war sehr anstrengend, aber der Einzug ins Finale hat ein paar Tage voller Schmerzen, Frustration und Enttäuschung vergessen gemacht“, betonte White. Powell meinte, ihre Team werde womöglich seine Bestform erst im Finale erreichen. Der Konter von Neid ließ nicht lange auf sich warten: „Wir werden ein richtig gutes Spiel machen, so dass England seine Bestform nicht zeigen kann.“

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

England: Brown – Alex Scott, White (Johnson), Asante, Stoney - Chapman, Williams – Sue Smith, Kelly Smith, Clarke – Aluko

Deutschland: Angerer – Schmidt, Krahn, Bartusiak, Peter – Kulig, Bresonik – Garefrekes, Prinz, Behringer – Grings

Schiedsrichterin: Damkova (Tschechien)