Der Finaleinzug ist vor allem der ursprünglich für männliche Talente angelegten Jugendoffensive des DFB zu verdanken.

Hamburg/Helsinki. Wie der Erfolg zustande komme, sei leicht erklärt. Es gebe da kein großes Geheimnis, sagt zumindest Silvia Neid, die Bundestrainerin der deutschen Frauen-Nationalmannschaft: "Wir geben einfach alles, so lange das Spiel läuft."

Für diese Fußball-Europameisterschaft in Finnland, wo Deutschland im Halbfinale nach 0:1-Rückstand Norwegen noch 3:1 besiegte und im Endspiel am Donnerstag (18 Uhr/ZDF live) auf England trifft, illustriert das ganz gut den Weg ins Finale. Das Werk war nicht immer schön anzusehen, doch mit so viel Kraft gepaart, dass der Konkurrenz das Fürchten gelehrt wurde. Wieder einmal. Denn die bislang letzte Niederlage bei einer EM kassierte Deutschland vor mehr als 16 Jahren im Spiel um Platz drei gegen Dänemark. Danach gewann das Team vier EM-Titel in Serie, es wurde insgesamt sechsmal Europameister und ist in 25 EM-Spielen in Folge unbesiegt. "Die Deutschen sind wie eine Dampfwalze. Sie machen alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt", sagt Italiens Starspielerin Patrizia Panico, deren Mannschaft im Viertelfinale dem deutschen Teams unterlegen war. Erstaunt registriert sie, dass die Deutschen "zwar schon alles gewonnen haben, aber noch immer hungrig sind".

Tatsächlich ist das eine der hervorstechendsten Charaktereigenschaften der deutschen Frauen. Theo Zwanziger, Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), sieht deshalb dem siebten EM-Titel mit großem Zutrauen entgegen: "Ich bin mir sicher, dass die Mädchen wie immer alles geben werden - und meistens reicht das ja."

Sein Verband legte im Jahr 2000 den Grundstein für weitere Erfolge. Damals hatte der DFB seine Anstrengungen zur Förderung der Jugendspieler intensiviert. Die Maßnahme war in erster Linie auf die männliche Talentförderung ausgelegt, davon profitieren konnten aber auch die Spielerinnen.

Nach und nach wurden in der Republik flächendeckend Stützpunkte eingerichtet, in denen elf bis 17-Jährige zusätzlich zum Klubtraining gezielt Übungseinheiten absolvieren konnten. 390 Zentren dieser Art gibt es, der DFB beschäftigt 1200 Honorartrainer dafür und investierte in den vergangenen neun Jahren rund 100 Millionen Euro in dieses Programm.

Das zahlt sich aus. Viele der aktuellen Nationalspielerinnen sind daraus hervor gegangen, und für die nächste Generation ist auch bereits gesorgt. So entdeckten Talentspäher im Allgäu unter anderen Ivana Rudelic. Heute spielt sie in der U17-Nationalmannschaft und wurde vergangene Saison von Bayern München unter Vertrag genommen. Komplettiert wird das Förderprogramm durch sieben Fußball-Eliteschulen, von denen vier den Frauen vorbehalten sind. Auf dem Stundenplan steht Lernen und Trainieren, es ist ein duales Fördersystem für die Stars von morgen.

Auf so viel Hege und Pflege konnten die Größen von einst zwar nicht bauen. Noch im Jahr 2001 bei der EM in Deutschland waren gerade mal samt Trainerin fünf Leute zur Betreuung der Mannschaft abgestellt worden; bei dieser EM sind es 16, darunter Video-Analysten, Psychologen und Spielbeobachter. Doch damals war das für die Deutschen alles noch nicht nötig, um erfolgreich sein zu können. Der Frauenfußball erwachte in den 80er-Jahren allmählich aus seinem Dornröschenschlaf, und in dieser Pionierzeit war das deutsche Kollektiv spielstark genug, um zumindest in Europa die Konkurrenz zu dominieren.

Die Einführung der Bundesliga 1989 brachte dann einen weiteren Vorteil. Während im Ausland das Kräftemessen in der Provinz stattfand, trafen in Deutschland die Besten der Besten aufeinander und entfachten einen leistungsfördernden Wettbewerb. Die Nationalelf wurde zusehends professioneller aufgestellt und 2003 sowie 2007 Weltmeister.

Mittlerweile zählt die Betreuungs- und Trainerebene der Frauen zum Nonplusultra in der Welt und der Frauenbereich im DFB zum wichtigsten Wachstumsmotor des Verbandes. Die Mitgliederzahlen steigen, weil die weiblichen Mannschaften enormen Zulauf genießen - nicht zuletzt durch die Erfolge der Nationalmannschaften. Mehr als eine Million Frauen und Mädchen spielen mittlerweile Fußball - ein reichhaltiges Sammelbecken für potenzielle Nationalspielerinnen. Bei dieser EM zeigt sich, dass sich daraus auch der Erfolg speist. Den Halbfinalsieg über Norwegen sicherten erst die eingewechselten Nachwuchskräfte Simone Laudehr (23), Celia Okoyino da Mbabi (21) und Fatmire Bajramaj (21) mit ihren Toren.