Differenzen beim Rekordmeister nach dem enttäuschenden 1:1 gegen Werder.

München. Louis van Gaal hat seine Prinzipien, von denen er nur ungern abweicht. Einzelne Spieler etwa pflegt der Trainer des FC Bayern nach einem Spiel nicht zu bewerten. "Ich beurteile nur die Mannschaft", sagte der Niederländer auch nach dem 1:1 (0:1) gegen Werder Bremen.

Als sich aber die Fragen nach Franck Ribéry häuften, machte van Gaal eine Ausnahme und dozierte über das Bayern-Comeback seines Mittelfeldstars. 28 Minuten Spielzeit hatte er ihm nach seiner Patellasehnenverletzung zugestanden. Van Gaal lobte "eine gute Aktion", monierte jedoch die "vielen Ballverluste" des wieder genesenen Franzosen. Und er sprach davon, dass man ihm den fehlenden Rhythmus nach seiner Rekonvaleszenz anmerke.

Die Einwechselung Ribérys war das bestimmende Thema in München, allerdings offenbarte sie nur eine der vielen Baustellen, die van Gaal nach sechs Wochen Wirkungszeit noch vorfindet. In München hatten die Vereinsoberen zwar vorgebaut und schon vor Wochen einen möglichen holprigen Saisonstart prophezeit, auch van Gaal bat um Geduld. Dass die Bayern aber nach zwei Spieltagen mit zwei Unentschieden wie im Vorjahr der Konkurrenz hinterherlaufen, schmeckte ihnen nicht. "Wir haben nicht so gespielt, wie man sich das wünscht von einem FC Bayern", befand Mario Gomez. Immerhin hatte Gomez mit seinem Ausgleich (72.), seinem ersten Bundesliga-Treffer für die Bayern, die Niederlage verhindert.

Auffällig war das Fehlen eines kreativen Elements. Bezeichnend, dass Innenverteidiger Holger Badstuber die meisten Ballkontakte (102) hatte - geschuldet dem Quer- und Rückpassspiel der Bayern, die zwar den Ball kontrollierten, doch ohne Ribéry reichlich einfältig wirkten.

In der Startelf übernahm José Ernesto Sosa den Ribéry-Part als Spielgestalter. Der Argentinier tat es wie so häufig bei seinen Einsätzen für die Bayern, er agierte sehr unauffällig. Und so blieb den Münchnern die nicht neue Erkenntnis: Sie sind extrem abhängig von den Ideen des Franzosen. Nun hat van Gaal extra sein Spielsystem auf ihn abgestimmt. Er wählte eine Rautenformation im Mittelfeld, mit einer zentralen Position hinter den Spitzen, die Ribéry ausfüllen soll. "Das ist neu für mich", sagte Ribéry, der bislang immer über links marschierte, und teilte seinem Trainer auch gleich mit, dass ihm jenes System nicht sonderlich zusage. "Von Zeit zu Zeit kann ich mir diese Rolle vorstellen. Aber auf links kann ich für mehr Gefahr sorgen."

Eine weitere Erkenntnis dürfte van Gaal auf der zweiten zentralen Position im Mittelfeld, jener vor der Abwehr, gewonnen haben. Anatolij Timoschtschuk, der Elf-Millionen-Mann aus St. Petersburg, bekleidete sie gegen Bremen. Er war mit forschen Tönen gekommen ("Ich habe mich bislang überall durchgesetzt"). Gegen Werder aber blieb er den Beweis schuldig, dass er dem verletzten Kapitän Mark van Bommel den Stammplatz streitig machen könnte.

Verblüffend, dass Louis van Gaal dennoch "30 hervorragende Minuten" gesehen haben wollte. Doch eines dürfte er auch erkannt haben: Sein System greift noch nicht, trotz einiger lobenswerter Ansätze. Und die Hoffnung von Manager Uli Hoeneß, der nach dem 1:1 in Hoffenheim noch prophezeit hatte, seine Bayern würden "bald vorne wegmarschieren", dürfte sich so schnell nicht erfüllen.