Im letzten Gruppenspiel setzt Irlands Coach dennoch voll auf Sieg

Danzig. Zwei Herzen schlagen für gewöhnlich in der Brust von Giovanni Trapattoni, doch am kommenden Montag fließt für 90 Minuten nur grünes Blut durch seine Adern. Nach der "spanischen Inquisition" (Irish Times) will sich die Trainerikone mit dem irischen Team erhobenen Hauptes von der EM verabschieden, aber dafür muss der alte Mann aus Cusano Milanino im letzten Gruppenspiel ausgerechnet "seine" Italiener aus dem Turnier schießen. "Trap" steckt also in der Falle. Für den charakterfesten "Maestro" ist es jedoch eine Frage der Ehre, alles für seine zweite Heimat zu geben.

"Ich denke nur an das irische Team. Es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Iren mit Stolz nach Hause fahren können", sagte der 73-Jährige nach der 0:4-Pleite gegen den Welt- und Europameister Spanien. Ein "Geschenk" an seine Landsleute in Form von drei Punkten, die Italien ins Viertelfinale bringen könnten, lehnt Trapattoni kategorisch ab: "Die Zukunft der Squadra Azzurra hängt nicht von mir ab. Wenn die Italiener weiterkommen, dann nur, weil sie es sich ehrlich verdient haben."

Die italienischen Zeitungen sehen den ehemaligen Erfolgscoach der Azzurri sowie der Serie-A-Klubs Juventus Turin, Inter und AC Mailand in einem riesigen Dilemma stecken. "Sollte er gewinnen, wird er in seiner Heimat als Verräter betrachtet. Sollte er verlieren, würden die Iren Verdacht schöpfen", schrieb die "Gazzetta dello Sport".

Sollen sie ihn doch steinigen, denkt sich jedoch Trapattoni. Allein schon wegen der fantastischen irischen Fans, die zu Zehntausenden im Danziger Stadion trotz Irlands höchster Pflichtspielniederlage seit 41 Jahren für Gänsehautstimmung gesorgt hatten, würde er sich einen Sieg gegen sein Geburtsland wünschen: "Unsere Fans standen immer hinter uns, auch wenn wir verloren haben. Das dürfen die Spieler und ich nie vergessen."

Mit ihrem friedlich-fröhlichen Auftreten sangen sich die Iren in die Herzen aller Fußballfans. "Wie kann man diese Iren nicht lieben?", fragte die polnische Zeitung "Gazeta Wyborcza Daily". Doch Ex-Kapitän Roy Keane hat keine Lust mehr auf die grüne Party nach Niederlagen. "Wir sollten uns nicht gegenseitig verarschen. Wir sind ein kleines Land, aber wir sollten uns hin und wieder nicht nur mit dem Rumgesinge zufriedengeben", wetterte der ehemalige Mittelfeldstar von Manchester United. Das Duell auf den Rängen hatte Irland haushoch gewonnen, doch genauso verdient war die Niederlage auf dem Rasen. "Die Rote Furie führt Irland an der Nase herum. Das irische Team hatte den iberischen Artisten nur Blut, Schweiß und am Ende Tränen entgegenzusetzen", schrieb der "Irish Examiner". "The Irish Independent" nannte den mutlosen Auftritt eine "Demütigung" und "eine brutale Lehrstunde mit ein paar Fragen an Trapattoni".

Noch hält sich die Kritik am Trainer zurück. Der Kredit durch die erste EM-Teilnahme seit 24 Jahren ist noch nicht aufgebraucht. Trapattoni, der seinen Vertrag vor der EM um zwei Jahre verlängert hatte, darf das Team auch in die Qualifikation zur WM 2014 führen. Doch "Trap" wird das Team verjüngen müssen. Die Zeit von alternden Stars wie Robbie Keane oder Damien Duff dürfte abgelaufen sein.