HSV-Sportchef Frank Arnesen sorgt sich vor dem Auftakt gegen die Niederlande um die Defensive

Warschau. Frank Arnesen ist ein Viel-Telefonierer. Das bringt sein Beruf als Sportchef des HSV so mit sich. Und gerade jetzt, in der noch bis Ende August laufenden Transferperiode, glühen die Drähte der Sportchefs weltweit. "Vier- oder fünfmal den Akku aufladen täglich - normal", sagt der Däne, der für einen TV-Sender seines Heimatlandes als Experte acht Spiele bei der EM sehen und analysieren wird.

Angefangen mit dem Eröffnungsspiel über alle Partien seiner Dänen, die Sonnabend (18 Uhr/ARD) in der Deutschland-Gruppe B gegen die Niederlande in Charkow beginnen. "Ich wäre sowieso zur Europameisterschaft geflogen und hätte mir Spiele und Spieler angesehen. Das passt", sagt Arnesen. Zumal der klamme HSV so Flug- und Hotelkosten spart. Und für HSV-Themen hat Arnesen sein mobiles Büro immer dabei. Zumeist am Ohr.

Arnesen ist immer erreichbar - und er hat etwas zu sagen. Vor allem über seine Dänen. "Die dänische Mannschaft hatte eigentlich eine sehr gute Vorbereitung. Viel besser als vor der WM 2010, weil wir diesmal nicht so viele Verletzte hatten und haben." Einzig Stammtorhüter Thomas Sörensen, 35, musste mit Rückenproblemen passen. "Das ist wahrscheinlich unser größtes Problem", befürchtet Arnesen, "weil noch nicht klar ist, wer spielt. Ich setze auf Stephan Andersen, der mit zwei Länderspielen allerdings international noch nicht so viel Erfahrung hat. Er im Verbund mit unserer noch immer unklaren Innenverteidigung - das ist das, was mir noch Sorgen bereitet."

Denn, und das haben die Dänen mit den Deutschen gemeinsam, bei der Besetzung der zwei freien Plätze in der Innenverteidigung herrscht Uneinigkeit. "In der dänischen Presse wird Simon Kjaer vernichtet", sagt Arnesen, "dabei ist er für mich so gut wie nie. Aber es hat Tradition, dass Dänemark fußballerisch gute Innenverteidiger hat - und da hat Kjaer Schwächen." Daniel Agger sei gesetzt - daneben streiten Kjaer und Andreas Bjelland um die vakante Position. "Wir haben hinten viele Fragezeichen - das ist nicht gut", sagt Arnesen, "schon gar nicht vor einem Duell gegen eines der offensivstärksten Teams der Welt."

Zudem ist Nachwuchsstar Christian Eriksen nicht in Topform. "Mehr noch, er ist gar nicht da", geht Arnesen noch weiter, "in den letzten Tests hat man ihn gar nicht gesehen. Das ist zu wenig. Und das hat ihm Trainer Morten Olsen auch schon gesagt. Deshalb muss man abwarten, ob er dem Druck standhält. Denn klar ist: Er ist in unserer Offensive eine absolute Hauptfigur." Angst habe jedoch niemand vor dem übermächtig wirkenden Staraufgebot der Niederländer. "Warum auch? Wir können gewinnen", sagt Olsen, "die anderen müssen gewinnen."

Eine Schrecksekunde gab es für die Dänen gestern im Training, als Mittelfeldspieler Niki Zimling sich verletzte und mit dem Krankenwagen abtransportiert werden musste. Ob der 27-Jährige, der in der vergangenen Saison unter Trainer Christoph Daum beim belgischen Vizemeister FC Brügge gespielt hatte, gegen die Niederlande auflaufen kann, war am Freitagabend noch unsicher. Der dänische Verband wollte über die Schwere der Verletzung keine Auskunft erteilen. Zimling war für das defensive Mittelfeld gesetzt.

Die Niederländer haben kaum Probleme. Personell fehlt Bondscoach Bert van Marwijk zum Auftakt nur der frühere HSV-Verteidiger Joris Mathijsen wegen einer Oberschenkelzerrung. Ansonsten kann van Marwijk seine Stammformation aufbieten.

Niederlande: 1 Stekelenburg - 2 van der Wiel, 3 Heitinga, 13 Vlaar, 15 Willems - 8 de Jong, 6 van Bommel - 11 Robben, 10 Sneijder, 20 Afellay - 16 van Persie Dänemark: 1 Andersen - 6 Jacobsen, 3 Kjaer, 4 Agger, 5 S. Poulsen - 7 Kvist, 21 Zimling - 8 Eriksen - 10 Rommedahl, 11 Bendtner, 9 Krohn-Dehli Schiedsrichter: Skomina (Slowenien)