Dortmunds Gündogan soll sich im Spiel gegen die Schweiz anbieten. Draxler vor Debüt

Tourrettes. Wahrscheinlich fehlte nicht viel, und der sonst so besonnene Joachim Löw hätte tatsächlich die Beherrschung verloren. Doch als ein Journalist am Freitag im Medienzentrum von Tourrettes erneut fragte, ob es nicht besser gewesen wäre, wenn die Bayern etwas früher zum Nationalteam gestoßen wären, nahm sich der Bundestrainer zunächst bewusst ein paar Sekunden Bedenkzeit. Nach einem tiefen Seufzer antwortete Löw freundlich, aber bestimmt: "Es ist mir ehrlich gesagt egal. Es interessiert mich nicht, weil wir es nicht mehr ändern können."

Viel mehr wollte sich Löw auf das vorletzte Testspiel vor der EM gegen die Schweiz (Sa., 18 Uhr/ZDF und im Liveticker bei abendblatt.de) konzentrieren, von dem er sich besonders im Hinblick auf die bis Dienstag zu benennenden vier Streichkandidaten wichtige Erkenntnisse erhofft. So kündigte der 52-Jährige an, dass Julian Draxler im Laufe des Spiels sein Debüt feiern wird, Ilkay Gündogan darf wohl sogar an der Seite von Sami Khedira im defensiven Mittelfeld von Anfang an spielen. "Ilkay ist ein toller Fußballer, der kaum vom Ball zu trennen ist. Er ist eine Art kleiner Schweinsteiger", lobte Löw, der die Schweizer Mannschaft als "Klein-Holland" bezeichnete: "Die Schweiz spielt sehr geordnet, hat ein klares System und kann ausgezeichnet verteidigen."

Erst nach dem Spiel gegen die Schweiz, in dem sich besonders Linksverteidiger Marcel Schmelzer und Rechtsverteidiger Benedikt Höwedes beweisen sollen, will Löw entscheiden, ob er Kapitän Philipp Lahm bei der EM rechts oder links in der Viererkette aufbieten will. Auch Per Mertesacker und Mats Hummels sollen den Test gegen die Eidgenossen dazu nutzen, sich für die freie Planstelle in der Innenverteidigung neben dem gesetzten Holger Badstuber zu empfehlen.

Im Angriff soll Miroslav Klose wertvolle Spielpraxis sammeln. Allerdings will Löw bei dem zuletzt angeschlagenen Torjäger "kein Risiko" eingehen. Man brauche ihn topfit bei der EM. Auch die Madrilenen Mesut Özil und Sami Khedira werden beginnen, aber nicht 90 Minuten durchspielen.

Mit dem ersten gemeinsamen Training mit den Bayernspielern am Montag beginne dann die "letzte heiße Phase" vor der EM. "Der Prolog ist gelungen, jetzt beginnen die harten Etappen", sagte Löw, der mannschaftstaktische Trainingsinhalte in der kommenden Woche in den Vordergrund stellen möchte. "Die alles entscheidende Trainingswoche wird dann die Woche vor dem Auftakt gegen Portugal in Polen sein." Löw bleibt zuvor noch ein letzter Test am kommenden Donnerstag gegen Israel in Leipzig.

Abendblatt-Redakteur Kai Schiller schreibt täglich aus Südfrankreich einen Brief an Hamburg www.abendblatt.de/schillersbriefe