Der Verteidiger kämpft auf Sardinien um seinen Platz im deutschen EM-Team. Doch nun hat Bundestrainer Joachim Löw mit seinem Torjäger einen neuen Patienten

Porto Cervo. Als seine Kollegen von Arsenal London am Sonntag mit dem 3:2 bei West Bromwich Platz drei in der Premier League und damit die Qualifikation zur Champions League sicherten, saß Per Mertesacker im Boot. Nachdem die DFB-Führung einen freien Nachmittag genehmigt hatte, entschieden sich die deutschen Nationalspieler dafür, die Costa Smeralda Sardiniens auf dem Wasser zu erkunden.

Seit dem 11. Februar, als sich Mertesacker während eines Ligaspiels in Sunderland eine Knöchelverletzung zuzog und sich kurz danach einer Operation unterziehen musste, ist der Verteidiger ohne jeden Einsatz. Doch wer den 27-Jährigen in diesen Tagen mit den typisch aufgeblasenen Backen bei den Übungen beobachtet, erkennt in jeder Aktion überdeutlich seinen Ehrgeiz, aber auch die fast überschäumende Freude eines Langzeitverletzten, wieder spielfähig zu sein. "Per ist unglaublich heiß. Er hat sich die EM in den Kopf gebrannt", bemerkte auch Manager Oliver Bierhoff anerkennend.

"90 bis 95 Prozent" seiner Leistungsfähigkeit hat Mertesacker nach eigener Aussage schon wieder erreicht. In einem DFB-Interview sagte er: "Ich spüre absolut nichts und kann den Fuß uneingeschränkt belasten. Ich kann bis an die Grenze gehen und voll durchziehen. Auch bei Zweikämpfen habe ich keine Hemmungen mehr."

Für Joachim Löw, der am Montag sein erstes Training auf dem gepflegten Rasen der Anlage Andrea Cardo leitete, stellt sich somit die interessante Frage: Baue ich neben dem gesetzten Holger Badstuber auf den auf einer Welle des Erfolgs schwebenden Mats Hummels (Dortmund), der zudem in der Spieleröffnung stärker einzuschätzen ist, oder auf die Erfahrung von 79 Länderspielen? Vorteil Mertesacker: Seit Oktober 2004 arbeiten Spieler und Trainer zusammen, als der damalige Hannoveraner im Iran zu seinem ersten Länderspiel kam. Erst zwei Monate zuvor hatte der Bundestrainer als Assistent von Jürgen Klinsmann die DFB-Auswahl übernommen. Zwei Chancen hat Mertesacker noch, sich Löw vor seinem vierten großen Turnier zu zeigen: Am 26. Mai beim Test in Basel gegen die Schweiz und am 31. Mai in Leipzig gegen Israel.

Während Mertesackers Heilungsprozess also planmäßig verläuft, musste Löw gestern einen neuen Patienten im Hotel Romazzino begrüßen: Miroslav Klose. Der 33-Jährige sollte nach überstandener Muskelverletzung (vor zwei Monaten riss ein Beugemuskel im Oberschenkel) eigentlich am Sonntag beim Saisonfinale gegen Inter Mailand sein Comeback für Lazio Rom feiern, doch daraus wurde nichts. Der 114-fache Nationalspieler erhielt beim Abschlusstraining einen Schlag auf sein rechtes Sprunggelenk. DFB-Arzt Josef Schmitt diagnostizierte eine leichte Fußverletzung. Der Zeitpunkt, an dem Klose in das Mannschaftstraining einsteigen kann, ist völlig offen. Ein weiterer empfindlicher Rückschlag für Löw in der sowieso schon alles andere als optimalen Vorbereitungsphase.

Da auch Benedikt Höwedes (noch ohne normale Trainingseinheit in Sardinien) und Lukas Podolski nur Fitnessübungen auf der Hotelanlage absolvierten, standen gestern nur sechs Feldspieler auf dem Platz. Kleiner Trost: Bis zum Mittagessen sollen allerdings die Dortmunder Spieler Mats Hummels, Marcel Schmelzer, Ilkay Gündogan, Mario Götze und Sven Bender eintreffen. Wobei zumindest Götze nach langer Verletzungspause erst beweisen muss, dass er den Erfordernissen eines internationalen Turniers schon wieder genügt. Im Pokalfinale beim 5:2-Sieg gegen Bayern München am Sonnabend waren seine Dienste jedenfalls nicht gefragt.